Medizin

Frühstgeborene: Überleben hängt von der Therapieentscheidung ab

  • Donnerstag, 7. Mai 2015
Uploaded: 08.06.2012 14:19:54 by mis
dpa

Iowa City – Kinder, die in der 22. oder 23. Gestationswoche geboren werden, haben ohne eine aktive Therapie keine Überlebenschance. Bei einem Eingreifen der Neonatologen überlebt laut einer aktuellen US-Studie im New England Journal of Medicine (2015; 372: 1801-11) jedes vierte Frühgeborene der 22. und jedes dritte Frühgeborene der 23. Gestationswoche, viele davon aber mit teilweise schweren Behinderungen.

Eine aktuelle Leitlinie mehrerer medizinischer Fachgesellschaften unter Mitwirkung des Deutschen Hebammenverbandes und des Bundesverbandes „Das frühgeborene Kind“ rät bei einer Geburt in der 22. Gestationswoche nur bei „ausdrücklichem Wunsch der Eltern, nach ausführlicher interdisziplinärer Beratung im vollen Bewusstsein der hohen Risiken“ zu einer aktiven Therapie. In der 23. Gestationswoche fällt angesichts einer „Überlebenschance von über 50 Prozent in spezialisierten Zentren“ die Entscheidung schon leichter.

Aber auch hier müssen die Eltern auf die nicht geringe Gefahr hingewiesen werden, dass viele Kinder eine lebenslange Hilfe durch andere Personen benötigen werden. Ab der 24. Gestationswoche sind die Überlebenschancen behandelter Frühgeborener so hoch, dass im Regelfall eine lebenserhaltende Therapie anzustreben ist.

Dies sehen auch in den USA viele Kliniken so. Der Anteil der Frühstgeborenen, die eine aktive Therapie erfahren, steigt von 22 Prozent in der 22. Gestationswoche auf 72 Prozent in der 23. Gestationswoche und auf 97,1 Prozent in der 24. Gestationswoche (auch während dieser Zeit kann beispielsweise ein ungünstiger Apgar gegen eine aktive Therapie sprechen). Dies geht aus einer Untersuchung des National Institute of Child Health hervor, das die Ergebnisse von fast 5.000 Kindern ausgewertet hat, die vor der 27. Gestationswoche geboren wurden. Es dürfte sich derzeit um die weltweit größte Studie zur Prognose von Frühstgeborenen handeln.

Interessant sind natürlich die Einzelergebnisse zu den Kindern, die eine aktive Therapie erfahren haben. Von den in der 22. Gestationswoche Geborenen waren dies 79. Das Team um Matthew Rysavy von der Universität von Iowa in Iowa City konnte 78 im 18. bis 22. Lebensmonat nachuntersuchen: 18 der 78 Kinder hatten überlebt (23,1 Prozent), darunter allerdings nur 7 (9 Prozent) ohne jegliche Behinderung. Weitere sechs Kinder (7,7 Prozent) wiesen schwere neurologische Entwicklungsstörungen auf.

Insgesamt 542 Kinder, die in der 23. Gestationswoche zur Welt gekommen waren, erfuhren eine aktive Therapie: 173 waren bei der Nachuntersuchung im 18. bis 22. Lebensmonat noch am Leben (33,3 Prozent), davon 83 (16,0 Prozent) ohne jegliche Behinderungen. Schwere neurologische Entwicklungsstörungen lagen bei 42 Kindern (8,1 Prozent) vor.

Auch Kinder, die in der 24. bis 26. Gestationswoche geboren werden, überleben trotz einer aktiven Therapie nicht immer. Die Überlebensraten bei der Nachuntersuchung betrugen in der 24. Woche 56,6 Prozent davon 10,5 Prozent mit schweren neurolo­gischen Entwicklungsstörungen. Bei einer Geburt in der 25. Gestationswoche betrugt die Überlebenschance 72,3 Prozent davon 4,1 Prozent mit schweren neurologischen Entwicklungsstörungen. Bei einer Geburt in der 26. Gestationswoche überlebten 81,6 Prozent davon 1,4 Prozent mit schweren neurologischen Entwicklungsstörungen.

rme

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung