Frühe Diagnose bei Hämophilie entscheidend

Köln – In Deutschland leben rund 6.000 Menschen mit Hämophilie – eine frühe Diagnose und Therapie ist bei ihnen besonders wichtig, um ernsthafte gesundheitliche Folgen wie starken Blutungen oder geschädigte Gelenke zu vermeiden. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI) anlässlich des heutigen Welttags der Hämophilie hin.
Hämophilie A oder die seltenere Hämophilie B tritt fast ausschließlich bei Jungen und Männern auf. Grund dafür ist, dass der Defekt im jeweiligen Gerinnungsfaktorgen auf dem X-Chromosom liegen, das Männer nur einmal besitzen. Frauen hingegen haben bekanntlich zwei X-Chromosomen – liegt der Defekt nur auf einem davon, kann das gesunde zweite Gen den Fehler meist ausgleichen.
„Ein Bluterguss nach einem Sturz ist normal. Aber wenn blaue Flecken unverhältnismäßig groß werden oder spontane Blutungen in Gelenken auftreten, sollte man aufmerksam werden“, erläutert Johannes Oldenburg, Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Bonn.
Die Erkrankung tritt in unterschiedlichen Schweregraden auf: Während milde Formen meist nur bei Verletzungen zu stärkeren Blutungen führen, kann es bei schweren Verläufen zu spontanen Blutungen in Muskeln oder Gelenken kommen. Das betroffene Gelenk wird mit der Zeit geschädigt, verformt sich und versteift.
„Gelenkgesundheit ist die große Herausforderung bei Hämophilie, denn die Gelenke vergessen keine Blutung. Da Gelenkveränderungen oft schleichend entstehen, sind frühe Anzeichen oft unerkannt. Betroffene müssen jede Gelenkblutung vermeiden“, betont Oldenburg. Je früher eine effektive Behandlung beginne, desto besser ließen sich Gelenkschäden und Spätfolgen verhindern, so der Experte.
Die klassische Therapie von Hämophilie basiert darauf, den fehlenden Gerinnungsfaktor im Blut zu ersetzen, um Blutungen und Gelenkschäden vorzubeugen.
Seit einigen Jahren ist zudem eine Antikörpertherapie verfügbar. „Dabei imitiert ein monoklonaler Antikörper die Funktion des Gerinnungsfaktors und übernimmt damit die Rolle des fehlenden Gerinnungsfaktors bei der Blutgerinnung“, so Oldenburg. Vorteile der Antikörpertherapie seien eine seltenere Anwendung und das Spritzen unter die Haut anstatt in die Vene.
2022 wurde in Europa zudem eine Gentherapie für Hämophilie A, 2023 für Hämophilie B zugelassen. Sie soll den Körper befähigen, den Gerinnungsfaktor selbst herzustellen. „Der Patient oder die Patientin erhält eine einmalige Infusion mit einem trägerlosen Virus, das das funktionsfähige Gen für den Gerinnungsfaktor in bestimmte Leberzellen einschleust. Die behandelten Zellen können daraufhin eigenständig den jeweiligen Gerinnungsfaktor produzieren und ins Blut abgeben“, erklärt der DGTI-Experte.
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