Für insolvente Fachkliniken in Rheinland-Pfalz gibt es Interessenten

Mainz – Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) ist optimistisch, dass die Fachkliniken einen Käufer finden werden, für die die DRK Trägergesellschaft Süd-West Anfang Februar eine Insolvenz angemeldet hat.
Für jeden der Standorte gebe es schon jetzt – nach einer Woche – mehr als einen Interessenten, sagte Hoch heute nach einem Runden Tisch in Mainz, an dem unter anderem auch die betroffenen Städte und Landkreise teilgenommen haben. In den nächsten Monaten drohe keine Gefahr und er sei sehr zuversichtlich, „dass gar keine Gefahr droht und wir für jeden Standort eine gute Lösung finden“.
Die DRK Trägergesellschaft Süd-West hatte die Fachkliniken in ein laufendes Insolvenzverfahren mit aufgenommen, das im Dezember für fünf Akutkrankenhäuser des Trägers begonnen worden war. Der DRK-Landesverband, dem die Trägergesellschaft angehört, habe zuvor eine „Richtungsentscheidung“ getroffen, wie eine Sprecherin dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) erklärt. Der Landesverband, so die Entscheidung, wolle sich ganz aus der Krankenhausversorgung zurückziehen.
In der Geschichte des Landes noch nicht vorgekommen
Die Entscheidung war ein Paukenschlag, zählt die DRK Trägergesellschaft Süd-West doch zu den größten Krankenhausträgern von Rheinland-Pfalz. Derzeit listet sie noch zwölf Kliniken auf ihrer Internetseite auf, die zum Träger gehören.
Der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz (KGRP) zufolge gibt es derzeit im Land 84 Standorte. Der Geschäftsführer der KGRP, Andreas Wermter, erklärte Medienberichten zufolge, es sei in der Geschichte des Landes noch nie vorgekommen, dass sich ein Träger in so großem Umfang zurückgezogen habe. Auch bundesweit gebe es solche Fälle eher selten.
„Bis zur letzten Minute hat sich der DRK-Landesverband Rheinland-Pfalz für die Rettung und damit den Verbleib der überwiegend kleineren Krankenhäuser unter dem Dach beziehungsweise der Beteiligung des DRK stark gemacht“, so die Sprecherin der DRK weiter.
Angesichts der hohen wirtschaftlichen Belastungen sowie der unklaren gesundheitspolitischen Zukunftsaussichten könne das DRK sein Krankenhausangebot aber nicht länger aufrechterhalten, ohne gleichzeitig die Erfüllung seines humanitären Kernauftrags als nationale Hilfsgesellschaft zu gefährden.
Sanierungskonzept konnte nicht umgesetzt werden
Die DRK Trägergesellschaft Süd-West ist eine Tochtergesellschaft des DRK-Landesverbands Rheinland-Pfalz, zu dem unter anderem Pflegeheime, Kindertagesstätten und Sozialstationen gehören. Die Krankenhäuser sind in die Trägergesellschaft Süd-West ausgegliedert. Zum Landesverband gehören zudem weitere Tochtergesellschaften.
Bereits im Jahr 2023 hatte die Trägergesellschaft ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchgeführt, um die wirtschaftlich angeschlagenen Standorte zu sanieren. „Wir haben dabei versucht, tragfähige Zukunftslösungen für die Krankenhäuser unter dem DRK-Dach zu finden“, so die Sprecherin.
Medienberichten zufolge sehen sich die Kliniken laut DRK-Trägergesellschaft nun allerdings Millionenforderungen der Rheinischen Zusatzversorgungskasse gegenüber. Sie könnten deshalb die Verpflichtungen zur betrieblichen Altersversorgung für einen Teil ihrer Belegschaft nicht erfüllen. Damit habe das erarbeitete Sanierungskonzept nicht mehr umgesetzt werden können.
Die Folge war im Dezember des vergangenen Jahres ein erneutes Insolvenzverfahren, das nun allerdings nicht mehr in Eigenverwaltung durchgeführt wird, sondern als sogenannte Regelinsolvenz, bei der nicht mehr die bisherige Geschäftsführung die Entscheidungen trifft, sondern ein eingesetzter Insolvenzverwalter.
Für den DRK-Landesverband „entstanden durch die erneute Insolvenz der Krankenhausgesellschaft erhebliche strukturelle und personelle Einschnitte“, erklärte die DRK-Sprecherin dem DÄ. Die Entflechtung von Strukturen, die in diesem Zusammenhang erforderlich wurden, könne der Landesverband finanziell nicht tragen.
Trotz der umfassenden Bemühungen führten die äußeren Rahmenbedingungen nun dazu, dass auch der Landesverband selbst sich restrukturieren müsse und keine nachhaltige Fortführung seiner Krankenhäuser ermöglichen könne.
Fachkliniken sich aus sich heraus tragfähig
Elf Kliniken der DRK befinden sich nun in dem Insolvenzprozess: fünf Akutkrankenhäuser und sechs Fachkliniken. Die zwölfte Klinik, das DRK Krankenhaus Saarlouis im Saarland, ist nicht von der Insolvenz betroffen. Im Januar 2025 wurde eine Kooperation mit der Marienhaus-Gruppe für diesen Standort begonnen.
Bei dem heutigen Gespräch in Mainz mit Gesundheitsminister Hoch ging es um die Zukunft der Fachkliniken. „Wir haben alle ein ganz großes Interesse an der Kontinuität dieser Standorte“, betonte Hoch. „Wir trauen uns auch zu, dass gemeinsam hinzubekommen, Kommune und Land Hand in Hand, wenn es nicht im Krankenhausmarkt dafür Lösungen gibt.“
Sollten sich keine Käufer für die Häuser finden, ist insofern eine Rekommunalisierung eine Option. Hoch betonte, dass den Fachkliniken nicht das Geld ausgegangen sei. Die Kliniken seien alle aus sich heraus tragfähig. „Das sind alles Einrichtungen, die gut funktionieren und die auch wichtig sind“, sagte Hoch.
Auch der vorläufige Insolvenzverwalter, der Jurist Rainer Eckert, ist im Hinblick auf die Suche nach Käufern optimistisch. „Derzeit liegen bereits erste Interessenbekundungen potenzieller Investoren für einige Standorte vor“, sagte Eckert dem DÄ. „In den nächsten Schritten geht es darum, weitere Perspektiven für die Häuser abzustecken und mit diesen Interessenten über konkrete Angebote zu verhandeln.“
Eckert stellt den aktuellen Stand des Verfahrens so dar: „Am 7. Februar 2025 hat das Amtsgericht Mainz das vorläufige Insolvenzverfahren für die DRK Trägergesellschaft Süd-West sowie auch für die Tochtergesellschaften der DRK gemeinnützige Gesellschaft für Geriatrie und Rehabilitation und die DRK Klinikgesellschaft Südwest eröffnet. Damit umfasst sind die DRK Tageskliniken in Bad Kreuznach und Worms, die Fachklinik Bad Neuenahr, das DRK Schmerz-Zentrum Mainz sowie die Kliniken in Mettlach und Asbach.“
Bei dem Verfahren handle es sich um eine Regelinsolvenz. „Dies bedeutet, dass die Geschäftsführung die Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters für Verfügungen benötigt“, so Eckert. Im Rahmen des Verfahrens laufe der Geschäftsbetrieb an allen Standorten vollumfänglich weiter. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeitenden seien in dieser Zeit gesichert.
Trägerübergreifende Kooperationen sind denkbar
„Ziel des Verfahrens ist es, geeignete Fortführungsoptionen für die Standorte zu finden, um die Versorgung in den Regionen langfristig zu erhalten“, so Eckert weiter. „Für die Gesellschaften führen wir hierzu im Rahmen des vorläufigen Verfahrens einen verfahrensüblichen Investorenprozess durch. Schwerpunkt bilden hierbei vor dem Hintergrund der Versorgungsaufträge durch die Landeskrankenhausplanung insbesondere auch die Gespräche mit den Kommunen.“
Trägerübergreifende Kooperationen seien dabei für die Zukunft denkbar, betonte Eckert. Das Verfahren sei darauf ausgelegt, eine bestmögliche Befriedigung der Gläubiger zu erzielen und gleichzeitig den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen zu sichern.
„In der Anfangsphase eines vorläufigen Insolvenzverfahrens hat für mich und mein Team die Stabilisierung des allgemeinen Geschäftsbetriebs Priorität“, erklärte Eckert. „Hierbei gibt es verschiedene Komponenten, wie das Aufrechthalten des operativen Geschäfts, die wirtschaftliche Planung und das Informationsmanagement. Hierzu haben wir zunächst alle Mitarbeiter an den jeweiligen Standorten sowie extern Lieferanten, Geschäftspartner oder auch Medien über die Entwicklungen in Kenntnis gesetzt.“
Nun gehe es darum, Verhandlungsgespräche in verschiedene Richtungen aufzunehmen, mit potenziellen neuen Trägern oder auch der Politik. Die Frage, ob es einfacher ist, Käufer für spezialisierte Fachkliniken als für Akutkrankenhäuser der Grundversorgung zu finden lässt sich aus Sicht Eckerts nicht pauschal beantworten.
„Hier kommt es auf einige unterschiedliche Faktoren an. Grob heruntergebrochen lässt sich sagen, dass sich Spezialisierungen in den Leistungsspektren sowie hochwertige und moderne Gebäudeinfrastrukturen positiv in entsprechenden Gesprächen einbringen“, sagte er.
Das Insolvenzverfahren fällt in die Zeit, in der sich Rheinland-Pfalz auf die Umstrukturierungen der Krankenhauslandschaft infolge der Krankenhausreform des Bundes vorbereitet. „Meiner Einschätzung nach wirkt sich die Krankenhausreform auf die strategische Positionierung von Marktteilnehmern aus“, meint Eckert.
„Einige Player am Markt kaufen sich gezielt Leistungselemente hinzu, um sich auf die reformbedingten Veränderungen vorzubereiten. Meinem Eindruck nach verringert die Reform keine Investitionsbereitschaften.“ Allerdings sei ganz unabhängig von der Reform der allgemeine Wirtschaftsdruck in der Branche hoch, „sodass wir seit Jahren einige Zurückhaltung in den Transformationsgeschäften verzeichnen“.
Die Krankenhausreform des Bundes sieht unter anderem vor, dass Krankenhäuser künftig personelle und technische Vorgaben erfüllen müssen, um noch bestimmte, in Leistungsgruppen zusammengefasste, Leistungen erbringen zu dürfen.
Aufgabe der Krankenhausplanung der Länder ist es nun, die dadurch entstehenden Umstrukturierungen zu organisieren. Nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen hat Baden-Württemberg in diesem Jahr begonnen, die verschiedenen Akteure in Regionalkonferenzen zusammenzubringen, um die notwendigen Umstrukturierungen zu besprechen. Ähnliches plant auch Rheinland-Pfalz.
Gutachten zur Bedarfsanalyse erwartet
Im Dezember vergangenen Jahres hat Gesundheitsminister Hoch seine Pläne vorgestellt. Demnach wolle er bis Ende September 2025 weitgehende Klarheit über die Entwicklung der Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz haben, wie er im Landtagsgesundheitsausschuss in Mainz erklärte.
Grundlage für die Planungen solle ein in Auftrag gegebenes Gutachten sein, das die Versorgungslage in Rheinland-Pfalz nach aktuellem Stand unter Zugrundelegung der künftigen Leistungsgruppen darstelle. Auf dessen Grundlage sollen dann Gespräche mit allen Krankenhausträgern im Land über ihre Möglichkeiten geführt werden, kündigte Hoch an.
Voraussichtlich im Sommer solle es dann regionale Konferenzen in jeder der fünf Versorgungsgebiete des Landes geben. Derzeit liegt dieses Gutachten allerdings noch nicht vor, wie der Sprecher des Gesundheitsministeriums, David B. Freichel, dem DÄ erklärte.
„Das KHVVG gibt einen gewissen Zeitplan vor“, so Freichel weiter. „Nach diesem Gesetz soll dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen bis zum 30. September 2025 gemeldet werden, welches Krankenhaus künftig welche Leistungsgruppe in der Versorgung abbilden soll, damit noch eine Prüfung der Qualitätskriterien möglich wird. Das ist dann auch ein wichtiger Zeitpunkt, der für Krankenhäuser, Träger, Kommunen, Patientinnen und Patienten einen Ausblick auf die künftige Versorgungslandschaft ermöglicht.“
Ein Gutachten über die Krankenhausstruktur in Rheinland-Pfalz liegt bereits vor. Das Institute for Health Care Business (hcb) hatte es im vergangenen Jahr im Auftrag der Landeskassen erstellt. Demnach ist die Krankenhausstruktur im Land geprägt von vielen kleinen Krankenhäusern und einer landesweiten Bettenauslastung von nur 66 Prozent.
Durch die Bündelung von medizinischen Leistungsgruppen könnten Krankenhäuser oder Standorte ihre Fallzahlen in bestimmten Leistungsgruppen steigern, hieß es bei der Veröffentlichung des Gutachtens.
Insgesamt könnte die Krankenhausreform dabei zu einer Reduktion von Klinikstandorten um 31 Prozent auf 61 Standorte führen. Maßnahmen der Zentralisierung und Schwerpunktbildung könnte zwischen 16 bis 18 Prozent der Personalkosten im ärztlichen Dienst und etwa fünf Prozent im Pflegedienst einsparen, rechnete das hcb vor.
„Wir sind davon überzeugt, dass die medizinische Versorgung durch die Umsetzung der Reform weiterhin sehr gut sein wird. Sie wird nur anders sein“, sagte Freichel dem DÄ. „Es wird einen höheren Spezialisierungsgrad geben müssen, da nicht mehr jeder alles anbieten kann. Die Menschen werden für planbare Spezialeingriffe – beispielsweise ein neues Kniegelenk – weitere Wege in Kauf nehmen.“
Das Gesundheitsministerium hat heute darüber hinaus bekannt gegeben, dass es 2025 mit 145,5 Millionen Euro ebenso viel Geld in die Krankenhäuser investieren will wie im Vorjahr. 80,5 Millionen Euro seien für größere Baumaßnahmen vorgesehen, wie Hoch erklärte. Die übrigen 65 Millionen Euro würden als Pauschalen für kleinere Maßnahmen in zwei Raten ausgezahlt.
Für die Krankenhausgesellschaft ist das zu wenig. Sie spricht von einem „Stillstand in der Förderung“ und nennt die Summe „nach wie vor unzureichend“. Der Förderbedarf der Krankenhäuser liege bei rund 325 Millionen Euro pro Jahr: also mehr als doppelt so hoch wie das Investitionsprogramm.
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