Vermischtes

Fußball-WM: Wie die medizinische Versorgung der Fußballerinnen funktioniert

  • Montag, 27. Juni 2011

Gestern hat die Fifa-Fußball-WM der Frauen in Deutschland begonnen. Insgesamt 16 Mannschaften kämpfen um den Titel. Schon im Vorfeld der WM war der Ärztliche Direktor des Saarbrücker Instituts für Sport- und Präventivmedizin, Tim Meyer, im Einsatz. Der Sportmediziner, der auch Arzt der deutschen Fußballnational­mannschaft der Männer ist, hat als General Medical Officer (GMO) ein Netzwerk von Ärzten organisiert, die sich an den jeweiligen Austragungsorten um die Gesundheit der Spielerinnen kümmert.

Tim Meyer /dpa
Tim Meyer /dpa

Fünf Fragen an Tim Meyer, General Medical Officer (GMO) der Fifa-Fußball-WM der Frauen

DÄ: Wie haben Sie im Vorfeld die medizinische Versorgung der Spielerinnen organisiert?

Meyer: Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass jedes Team einen Mannschaftsarzt mitbringt. Unsere Aufgabe ist es also, ein Netzwerk von Ärzten und medizinischer Versorgung zu organisieren, auf das die Mannschaftsärzte und Spielerinnen – aber auch die FIFA-Funktionäre – bei Bedarf zurückkommen können.

Zusammen mit Bernd Lasarzewski, dem Arzt der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft, habe ich an den Spielorten der WM insgesamt neun so genannte Venue Medical Officers (VMO) rekrutiert. Sie organisieren das medizinische Netzwerk vor Ort. Wir haben uns dabei überlegt, welche Ärzte wir vor Ort aus ihrer Tätigkeit im Frauen- oder Männer-Fußball kennen und die Kandidaten angerufen.

Einige der VMOs waren schon bei der Fußball-WM der Männer 2006 im Einsatz. Ein erstes Treffen mit allen VMOs fand bereits im Januar 2010 statt. In weiteren Meetings haben wir mit allen Beteiligten die detaillierten Aufgaben besprochen.

Wir haben außerdem alle Austragungsorte der WM inspiziert, damit wir sicher sein können, dass sie sich auch aus medizinischer Sicht für die WM eignen, also zum Beispiel geeignete Behandlungsräume haben und diese auch gut zugänglich sind. Außerdem haben wir die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Roten Kreuz abgesprochen und organisiert, das vor Ort für Notfalleinsätze zuständig ist – auch bei den Zuschauern der WM.

DÄ: Wie viele und welche Ärzte sind während der WM für die Spielerinnen im Einsatz?

Meyer: Die VMOs sind vor Ort gut vernetzt und können schnell medizinische Hilfe unterschiedlichster Art organisieren. Grundsätzlich haben wir vom Gynäkologen bis zum Zahnarzt das ganze Spektrum abgedeckt. Die Mannschaftsärzte vor Ort können sich bei Verletzungen oder Krankheiten der Spielerinnen an die VMOs wenden, diese vermitteln die Fußballerinnen an die Ärzte, die sie dann mit Diagnostik helfen oder behandeln können.

Haben die VMOs selbst Fragen oder kommt es zu organisatorischen Problemen, können sie mich anrufen, ich habe während der WM 24 Stunden Rufbereitschaft. Außerdem kommuniziere ich jeden Tag mit allen neun VMOs. Ich rechne allerdings nicht damit, permanent angerufen zu werden. Je besser das Netzwerk funktioniert, umso seltener müssen die VMOs bei mir nachfragen. Und mein Eindruck ist, dass an allen Orten eine sehr professionelle Versorgung etabliert ist.

DÄ: Unterscheiden sich die Verletzungsmuster beim Frauen- und beim Männerfußball? Worauf bereiten Sie sich vor?

Meyer: Wir rechnen mit einigen Anfragen für bildgebende Verfahren, um Verletzungen zu diagnostizieren und die Spielfähigkeit von Spielerinnen zu beurteilen. Von der FIFA-WM der Männer 2006, die ich als Mannschaftsarzt mitgemacht habe, weiß ich, dass Infekte ein wichtiges Thema sein können.

Ansonsten sind wir natürlich auf das ganze Spektrum von Erkrankungen vorbereitet. Wichtig zu wissen ist, dass das Verletzungsspektrum im Frauenfußball sich von jenem der Männer unterscheidet. So treten vordere Kreuzbandrisse bei Frauen viel häufiger auf als bei Männern, manche Statistiken sprechen vom Siebenfachen. Wir müssen also damit rechnen, dass wir auch bei dieser WM damit konfrontiert werden.

DÄ: Spielen die EHEC-Infektionen eine besondere Rolle bei WM? Gab es dazu Anfragen aus anderen Ländern?

Meyer: Bei unserer Vorbereitung auf die WM war EHEC natürlich ein Thema. Allerdings hatte ich nur eine konkrete Anfrage dazu, aus Schweden. Über die FIFA haben wir allerdings bereits frühzeitig einen Informationstext an alle Teams gesendet.

Wir übermitteln den Mannschaftsärzten während der WM regelmäßig die neuesten Informationen zu EHEC, sobald es relevante Änderungen gibt. Dafür nutzen wir unter anderem die englische Website des Robert-Koch Instituts. Außerdem kommunizieren wir die empfohlenen Verhaltensregeln zur persönlichen Hygiene und die Empfehlung, keine Sprossen zu verzehren, die ja noch gilt.

DÄ: Was sind Ihre Favoritinnen für den WM-Titel?

Meyer: Deutschland, USA, Norwegen, Schweden und auch Frankreich. Die Französinnen haben kürzlich die Champions League gewonnen und die französische WM-Auswahl soll praktisch die Gewinnermannschaft aus dem Turnier sein. Die sind also auf jeden Fall gut eingespielt.

hil

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