Gesundheit

Gardasil auch für Jungs

  • Mittwoch, 26. Oktober 2011

In den USA sollen künftig auch Knaben im Alter von 11 und 12 Jahren mit Gardasil geimpft werden. Sie können sich dadurch vor den Folgen einer etwaigen HPV-Infektion schützen, die den heranwachsenden Männern in erster Linie bei homosexuellen Kontakten droht. Ein weiteres Motiv ist die Durchbrechung der Infektionskette bei heterosexuellen Kontakten.

Schon die Gardasil-Impfung der Mädchen stößt in den USA auf religiöse Bedenken. Immerhin betrifft die Impfung eine Infektion, die zumeist im Teenageralter bei einer Handlung erworben wird, die christliche Fundamentalisten am liebsten verbieten würden.

Die Impfung wurde im Vorwahlkampf der Republikaner zum Thema, als die ultrakonservative Kandidatin Michele Bachmann dem Mitbewerber Rick Perry vorwarf, er hätte als Gouverneur in Texas die HPV-Impfung angeordnet, obwohl die Impfung mentale Retardierungen verursachen könne. Woher sie diese Information hatte, ist unklar. Mentale Retardierungen sind nicht im Zusammenhang mit der HPV-Impfung bekannt geworden. Bachmann hat sich inzwischen für den Fehltritt entschuldigen müssen.

Man kann sich leicht vorstellen, wie das Gesicht der Tea Party-Anhängerin Bachmann entgleitet, wenn sie sich Gedanken über die jüngste Empfehlung der US-amerikanischen Impfkommission ACIP (Advisory Committee on Immunization Practices) machen sollte.

Während HPV bei Frauen für Zervixkarzinome verantwortlich ist, droht Männern eine Gefahr in erster Linie durch anale Karzinome. Sie sind Folge der Condylomata acuminata. Die Infektion wird in der Regel durch Analverkehr erworben, den fundamentalistische Christen mit Sodom und Gomorrha assoziieren.

Eine jetzt publizierte Doppelblindstudie zeigt, dass die Impfung mit Gardasil bei jungen Männern das Risiko auf eine Krebsvorstufe Anale Intraepitheliale Neoplasie (AIN) um bis zu 75 Prozent senkt (NEJM 2011; 365: 1576-85).

Ein weiterer Schutz der Impfung betrifft die in den USA derzeit stark zunehmenden Zahl von HPV-assoziierten Karzinomen im Mund und Rachenbereich. Auch sie sind Folge sexueller Aktivitäten, zu dem konservative Christen eher nicht ermutigen.

Die Centers for Disease Control and Prevention dürfte andere Hintergedanken haben als ihre konservativen Kritiker. In den USA infizieren sich derzeit 50 bis 80 Prozent aller Männer und Frauen im Verlauf ihres Lebens mit HPV (die wenigsten entwickeln ein Karzinom). Die alleinige Impfung der Mädchen kann, zumal sie weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, die HPV-Epidemie nicht eindämmen.

Die Empfehlung, die Jungen zu impfen, dürfte deshalb in erster Linie gegen die hohe HPV-Prävalenz in der Bevölkerung gerichtet sein. Es lässt sich aber leicht vorhersagen, dass die Akzeptanz der Impfung weit hinter den Erwartungen zurückbleiben wird.

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