Gastroenterologen warnen vor permanenter Überlastung von Ärzten

Berlin – Viele Ärzte fühlen sich überlastet und gehen häufig bis ständig über ihre körperlichen Grenzen hinaus. Darauf wies heute in Berlin der Berufsverband Gastroenterologie Deutschland (BVGD) hin.
Ursachen seien neben Arbeitsverdichtung, Personalmangel und der Ökonomisierung der Medizin ein ständiger Zeit- und Kostendruck sowie überbordende Bürokratie, sagte Joachim Labenz, Vorstandsvorsitzender des BVGD und Direktor der Klinik für Innere Medizin am Diakonie Klinikum Jung-Stilling in Siegen.
„Wer Medizin studiert und Arzt wird, will kranken Menschen helfen. In der Realität verbringen viele Ärzte aber mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Verwaltungs- und Schreibaufgaben, weil die Kliniken das dafür benötigte Personal aus Kostengründen einsparen mussten“, kritisierte er. Dies führe viele Ärzte an den Rand der Belastungsgrenze, manche auch darüber hinaus.
Um die Arbeitszufriedenheit und das Burnout-Risiko von Ärzten in Kliniken und Praxen zu erfassen, iniitierte der BVGD aktuell eine Studie. „Wir haben 683 Ärztinnen und Ärzte der Gastroenterologie darunter sowohl Weiterbildungsassistenten als auch Chefärzte sowie Angestellte und Selbstständige in Kliniken und Praxen bezüglich ihres Burn-out-Risikos und ihrer Arbeitszufriedenheit befragt“, erklärte Charles Christian Adarkwah von der Universität Siegen.
Das Ergebnis: Vor allem jüngere Ärzte sind mit ihren Arbeitsbedingungen unzufrieden. „Diese Gruppe weist auch ein höheres Burn-out-Risiko auf, wohingegen ältere Ärztinnen und Ärzte ihre persönliche Leistungsfähigkeit höher bewerten“, erklärte der Internist und Versorgungsforscher.
Adarkwah zufolge korreliert das Burn-out-Risiko und die Arbeitszufriedenheit nicht nur mit dem Alter der Ärzte, sondern sehr stark auch mit deren Position in der Klinik: Je höher die Position in der Klinik, desto geringer ist das Burn-out-Risiko und desto höher die Arbeitszufriedenheit“, erklärte er.
Zugleich korreliere Arbeitszufriedenheit und Burn-out-Risiko sehr stark miteinander. Für die anonyme Befragung seien sehr gut validierte Instrumente, der Work Satisfaction Questionnaire (WSQ), der die Arbeitszufriedenheit von Ärzten erfasst, und der Maslach Burnout Inventory (MBI) zur Erfassung des Burn-out-Risikos, verwendet worden.
Junge Ärzte seien aus der Leidenschaft Menschen zu helfen Arzt geworden, sagte Cornelius Weiß, stellvertretender Sprecher des Jungen Forums im Berufsverband Deutscher Internisten. „Im ärztlichen Alltag sollen sie aber Leidenschaft nicht für Menschen, sondern für Prozesse aufbringen“, kritisierte er.
„Die wertvolle Ausgangslage, dass junge, bestens ausgebildete und engagierte Menschen sich für so wichtige Berufe wie in Pflege und Medizin entscheiden, sollte während ihrer beruflichen Laufbahn aber vielmehr gefördert und die riesigen Potenziale genutzt werden“, betonte der junge Arzt.
Dabei forderte er eine Verringerung der Arbeitsverdichtung, gesetzlich festgelegte Personalschlüssel und weniger Einfluss der Ökonomie auf fachliche Entscheidungen. Ferner sei den jungen Ärzten eine Reduktion von Dokumentationspflichten und eine strukturierte Weiterbildung wichtig.
Labenz plädierte zudem für eine Abschaffung des Systems der diagnosebezogenen Fallpauschalen. „Ökonomische Aspekte dürfen medizinische Entscheidungen nicht beeinflussen. Denn ärztliche Tätigkeit unter dem Druck der Kosten führt zwangsläufig zu einem Qualitätsverlust“, sagte er.
Gleichzeitig forderte der Gastroenterologe, die Weiterbildung junger Ärzte in die Stellenberechnung einzubeziehen und durch die Einführung von Arztuntergrenzen die Zahl der Patienten, die ein Arzt zu betreuen hat, zu begrenzen.
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