Gebrechliche Patienten in Alzheimerstudien unterrepräsentiert
Ulm/Göttingen – Die meisten klinischen Studien zur medikamentösen Therapie von Alzheimer und Demenz berücksichtigen gebrechliche Patienten nur unzureichend. Das berichtet ein Team von Forschern der Universitätsklinika Ulm und Göttingen im Fachmagazin Alzheimer’s Research & Therapy (DOI: 10.1186/s13195-021-00867-8).
Bei vielen Alzheimerpatienten geht die Erkrankung mit Gebrechlichkeit oder funktionellen Beeinträchtigungen einher. Die Patienten sind dann weniger belastbar und haben weniger Kraftreserven. Verschiedene körperliche Einschränkungen und Beschwerden wie Schwindel, Schmerzen und Verdauungsstörungen können zeitgleich auftreten und die Lebensqualität weiter beeinträchtigen.
„Dadurch scheinen die schädlichen Folgen einer Krankheit – bis hin zum Tod – wahrscheinlicher zu werden“, erläutert Carlos Schönfeldt-Lecuona, Oberarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III der Universitätsklinik Ulm und Mitautor der Studie. Es gebe außerdem immer mehr Hinweise darauf, dass gebrechliche Alzheimerpatienren ein höheres Risiko für Nebenwirkungen haben, die auf Medikamente zurückzuführen seien.
Die Wissenschaftler haben zusammen mit der Agaplesion-Bethesda Klinik Ulm, der Universitätsmedizin Göttingen und der Cochrane-Collaboration Freiburg die Literatur zum Thema gesichtet. Sie analysierten dafür 38.447 Abstracts und 187 Volltexte. In ihre endgültige Bewertung konnten die Forscher aber nur 10 randomisierte kontrollierte Studien aufnehmen.
„Die geringe Anzahl infrage kommender Studien zeigt deutlich, dass ältere gebrechliche Alzheimerpatientinnen und -patienten in den meisten klinischen Studien zur medikamentösen Therapie von Alzheimer und Demenz nicht ausreichend berücksichtigt werden“, sagte die Seniorautorin der Studie, Christine von Arnim, Direktorin der Abteilung für Geriatrie der Universitätsmedizin Göttingen.
Konkrete Empfehlungen zur gezielten medikamentösen Therapie bei älteren Alzheimer- oder Demenzpatienten mit erheblichen funktionellen Beeinträchtigungen oder Gebrechlichkeit seien daher nicht möglich.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass bei künftigen Studien die besondere Fokussierung auf gebrechliche, ältere Menschen von großer Bedeutung ist“, sagte der Erstautor der Veröffentlichung, Moritz Seibert.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: