Gedenken an NS-Morde von Menschen mit Behinderung

Berlin – Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung Jürgen Dusel hat an die vom NS-Regime ermordeten Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen erinnert. Dusel mahnte heute, dass seinerzeit die entwürdigende Sprache und Hassrede „den Boden für Taten“ bereitet habe.
Der Behindertenbeauftragte äußerte sich bei einer Kranzniederlegung gemeinsam mit dem Deutschen Behindertenrat (DBR) an der Gedenktafel in der Berliner Tiergartenstraße 4.
Nach dieser Adresse benannte das NS-Regime das organisierte Morden als „Aktion T4“. Dabei wurden mindestens 200.000 Männer, Frauen und Kinder ermordet und schätzungsweise 400.000 Menschen zwangssterilisiert oder für medizinische Zwecke missbraucht.
Es sei ein bitterer Befund, dass es lange vorher Stimmen gab, „die Menschen mit Behinderungen und psychisch Erkrankte als nicht gleichwertig und als ‚nicht lebenswert‘ bezeichnet“ hätten, so Dusel. Geistige Wegbereiter seien Wissenschaftler und Ideologen gewesen, „die von ‚Ballastexistenzen‘, von ‚Gnadentod‘ und ‚Rassenhygiene‘ sprachen“.
Zu den geistigen Wegbereitern und Tätern hätten auch anerkannte Professoren, Ordinarien und Anstaltsleiter sowie Ärzte gehört. „Viele unter ihnen brachen den hippokratischen Eid: Aus Heilenden wurden Mordende.“
Selbst als die „Aktion T4“ nach Protesten der Bevölkerung und der Kirche offiziell beendet worden sei, sei das Morden weitergegangen: „Hinter den Mauern der Heil- und Pflegeanstalten durch sogenannte Hungerbehandlung, mit Medikamenten wie Luminal oder durch totale Vernachlässigung“.
Die diesjährige Vorsitzende des DBR-Sprecherrats und Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, Verena Bentele, beklagte, dass auch heutzutage „Menschen immer noch aufgrund einer Behinderung abgelehnt und abgewertet“ würden.
„Ablehnung, Vorurteile, Verächtlichmachung und Ausgrenzung seien die Grundlage für Verfolgung und Gräueltaten“, so Bentele. „Menschenfeindlichkeit, egal, ob politisch, religiös oder ideologisch motiviert, darf nicht als Bestandteil des demokratischen Diskurses akzeptiert und legitimiert werden“, so die Vorsitzende des DBR-Sprecherrats.
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