Gehirnerschütterung: Schäden der Hirnhäute liefern Therapieansatz

Bethesda – Das Gehirn reagiert empfindlicher auf Gehirnerschütterungen als bisher angenommen. Schon nach einem leichten Schädelhirntrauma kam es in einem Mäusemodell zu Verletzungen im Bereich der Hirnhäute, die der Publikation in Nature (2013; doi:10.1038/nature12808) zufolge sogar ein Fenster für eine lokale Therapie eröffnen könnten.
Lawrence Latour vom Center for Neuroscience and Regenerative Medicine der US-Armee in Bethesda konnte jüngst zeigen, dass es bei etwa der Hälfte der Patienten mit leichtem Schädelhirntrauma, bei denen auf den kernspintomographischen Übersichtsaufnahmen keine Veränderungen zu sehen waren, zu Leckagen in den Blutgefäßen der Hirnhäute kommt.
Diese führen zum Untergang von Zellen in den Meningen und der darunter liegenden Glia limitans. Diese „Membran“ besteht aus Astrozyten, die die Hirnoberfläche gegen schädliche Einflüsse nach außen versiegeln. Erst wenn die Schicht durchlässig wurde, kam es in den Experimenten zu einer Beschädigung der darunter liegenden Nervenzellen, die bei den Mäusen 9 bis 12 Stunden nach dem Trauma beobachtet wurden. Mittels intravitaler Mikroskopie kann Latours Kollege Dorian McGavern zeigen, wie sich das Gehirn bemüht, die Leckagen abzudichten. Einzelne Gliazellen wandern zum Defekt und versuchen ihn zu verschließen.
An der Schädigung der Hirnzellen sind laut McGavern Sauerstoffradikale beteiligt. Dies brachte die Forscher auf die Idee, die Mäuse durch eine lokale Applikation von Glutathion vor Zellschäden zu schützen. Das Antioxidans wurde auf dem Schädeldach Schädelhirntrauma appliziert, reduziert es den Zelluntergang um 67 Prozent.
Selbst wenn die Behandlung erst drei Stunden nach dem Trauma erfolgte, wurde der Zelluntergang noch um 51 Prozent vermindert. McGavern könnte sich vorstellen, dass die lokale Behandlung mit Glutathion (oder anderen Wirkstoffen) auch beim Menschen eine Wirkung erzielt, was allerdings noch in klinischen Studien zu untersuchen wäre.
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