Gehirnerschütterungen bei Sportlern oft übersehen

Berlin – Gehirnerschütterungen bei Sportlern werden häufig bagatellisiert oder bleiben sogar unerkannt. Das berichteten Ärzte und Vertreter des Bundesinstituts für Sportwissenschaft (BISp) bei einer Sitzung des Sportausschusses des Deutschen Bundestages.
Jürgen Fischer, Direktor des BISp, berichtete vor den Abgeordneten vom Kapitän der deutschen Handball-Nationalmannschaft, Steffen Weinhold, der bei einem Spiel während der Europameisterschaft 2016 den Ball mit etwa 100 Km/h aus kürzester Entfernung an den Kopf bekam. Der deutsche Teamarzt habe daraufhin eine Gehirnerschütterung attestiert, aber Weinhold dennoch für den nächsten Tag als spielfähig eingestuft. Dies sei ein großes Risiko gewesen, kritisierte Fischer.
Der Neurologe Andreas Gonschorek vom Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus Hamburg forderte, in keinem Falle den Sportler selber darüber entscheiden zu lassen, ob er weiterspielen könne. „Der betroffene Sportler selbst ist nicht in der Lage zu erkennen, ob er von einem Schädel-Hirn-Trauma betroffen ist oder nicht“, betonte er.
Claus Reinsberger, Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Universität Paderborn, kritisierte, im deutschen Spitzensport gebe es keinen Behandlungspfad bei Kopfverletzungen. Die Versorgung des Sportlers hänge davon ab, ob der jeweilige Arzt die oft nicht leicht zu erkennenden Symptome einer Gehirnerschütterung erkenne, was nicht immer der Fall sei.
Reinsberger wies daraufhin, dass Regeländerungen im Sport Einfluss auf die Häufigkeit von Gehirnerschütterungen nehmen könnten. Ein Beispiel dafür sei die Änderung beim Fußball, wonach mit einer roten Karte bestraft werde, wer mit dem Ellenbogen den Kopf des Gegners treffe. Seitdem seien weniger Gehirnerschütterungen aufgetreten, sagte Reinsberger vor dem Ausschuss.
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