Genom-Analyse beschleunigt Tuberkulosediagnose und spart Kosten

Oxford – Eine Genom-Analyse des Erregers kann die Diagnose einer Tuberkulose beschleunigen, sie hilft außerdem bei der Auswahl der richtigen Medikamente, erleichtert die Rekonstruktion von Ausbrüchen und spart am Ende sogar noch Geld ein, wie ein internationales Forscherteam in Lancet Respiratory Medicine (2015; doi: 10.1016/S2213-2600(15)00466-X) berichtet.
Die Diagnose einer Tuberkulose erfordert bislang den kulturellen Nachweis des Erregers. Daran schließt sich eine Empfindlichkeitsprüfung des Erregers auf unterschiedliche Tuberkulostatika an. Da Mykobakterien langsam wachsen, ergeben sich Verzögerungen von mehreren Wochen, bevor eine Therapie begonnen beziehungsweise mit einer geeigneten Werkstoffkombination fortgesetzt werden kann. Gentests wie „Hain GenoType" können zwar den Erreger identifizieren, und mit dem „Xpert“-Test kann eine Rifampicin-Resistenz nachgewiesen werden, eine Kultur mit anschließenden Empfindlichkeitstests bleibt jedoch notwendig, da M. tuberculosis weitere Resistenzen aufweisen kann, die die Auswahl der Medikamente bestimmen.
Die Möglichkeit, mit Gensequenzier-Automaten gewissermaßen über Nacht alle vier Millionen Basenpaare des Erregers zu entschlüsseln, könnte die Kultur ersparen, da in den vier Millionen Basenpaaren des Erregergens im Prinzip alle Resistenz-Informationen gespeichert sind. Acht Zentren in Nordamerika und Europa, darunter das Forschungszentrum Borstel bei Hamburg, haben das neue Verfahren seit September 2013 getestet und dabei offenbar gute Erfahrungen gemacht.
Wie das Team um Louise Pankhurst von der Universität Oxford berichtet, stimmten die Ergebnisse bei 322 von 345 Isolaten (93 Prozent) mit den Resultaten im Hain-Test überein. Die falschen Ergebnisse der Genom-Sequenzierung waren auf die Kontamination der Isolate oder eine schlechte Qualität der Sequenzierung zurückzuführen. Die Sequenzierung kann nicht direkt an der eingeschickten Probe durchgeführt werden. In der Regel müssen die Erreger erst über einige Tage kultiviert werden.
Auch in der Vorhersage der Resistenzen lieferte die Sequenzierung sehr gute Ergebnisse. Pankhurst gibt die Genauigkeit mit 93 Prozent an. Bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 91 bis 95 Prozent sind Ausreißer nicht sehr wahrscheinlich, und ein Verzicht auf eine weitere Kultivierung und die Empfindlichkeitsprüfung im Labor wäre zu rechtfertigen. Dadurch könnten die Zentren nicht nur Zeit, sondern auch Geld sparen. Laut Pankhurst kostet die Genom-Sequenzierung derzeit 481 Pfund. Für die konventionelle Diagnose mit Kultivierung und Empfindlichkeitsprüfung mussten dagegen 517 Pfund aufgewendet werden. Die Tuberkulose könnte die erste Erkrankung sein, bei der eine Genom-Sequenzierung kosten-effektiv ist.
Der Genom-Vergleich der Erreger bei unterschiedlichen Patienten könnte auch die Rekonstruktion von Ausbrüchen erleichtern. Von den 91 britischen Patienten konnten 15 aufgrund der Genom-Analyse einem einzelnen Ausbruch zugeordnet werden. Die Genom-Analyse könnte, so Pankhurst, möglicherweise die Eindämmung von Epidemien erleichtern.
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