Germanwings-Absturz: EU-Task Force fordert strengere Kontrollen für Flugtauglichkeit

Köln – Die Europäische Kommission hat heute den Bericht einer von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) geleiteten Task Force zum Absturz von Germanwings-Flug 9525 am 24. März in den französischen Alpen veröffentlicht. Darin gibt die Arbeitsgruppe sechs Empfehlungen ab, die in erster Linie darauf zielen, die Besatzung eines Flugzeuges besser auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen und effektivere Kontrollen einzuführen.
Piloten sollen psychologisch begutachtet werden
So soll der nach dem Absturz eingeführte Grundsatz, dass jederzeit zwei Personen im Cockpit anwesend sein müssen, beibehalten werden, wie die EU-Kommission mitteilt. Außerdem empfiehlt die Task Force, Piloten einer psychologischen Beurteilung zu unterziehen, bevor sie den Flugdienst bei einer Fluggesellschaft aufnehmen sowie stichprobenmäßig Drogen- und Alkoholkontrollen durchzuführen.
Auch die flugmedizinischen Sachverständigen sollen besser auf ihre Eignung hin überprüft werden. Nach dem Willen der Task Force soll es künftig ein europäisches Archiv für flugmedizinische Daten geben. Außerdem fordert sie die Fluggesellschaften auf, Unterstützungsmaßnahmen für Piloten einzuführen.
Angemessenes Verhältnis zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Sicherheit
Die EU-Kommission betont, dass die Task Force in ihrem Bericht versuche, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen ärztlicher Schweigepflicht und Sicherheit zu erreichen und keinen zusätzlichen unnötigen Verwaltungsaufwand für die Fluggesellschaften zu schaffen.
Die Task Force, der 14 Vertreter von Fluggesellschaften, Flugpersonalvereinigungen, medizinischen Beratern und Behörden angehören, war im Mai auf Ersuchen der für Verkehr zuständigen EU-Kommissarin Violeta Bulc eingerichtet worden mit dem Ziel, mögliche Lücken in der Luftverkehrssicherheit aufzudecken. Die EU-Kommission kündigte jetzt an, die Vorschläge eingehend zu prüfen, bevor sie über künftige Schritte entscheide.
„Die Sicherheit der europäischen Bürger steht im Mittelpunkt der Verkehrspolitik der Kommission, und der heutige Bericht leistet einen wertvollen Beitrag hierzu“, erklärte Verkehrskommissarin Bulc. „Wenn Verbesserungen an den europäischen Vorschriften für Sicherheit und Gefahrenabwehr oder bei ihrer Durchführung vorgenommen werden müssen, um in Zukunft Unfälle oder sonstige Vorfälle zu vermeiden, werden wir auf EU-Ebene die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.“
Die wichtigsten Akteure aus Luftfahrt und Medizin hätten im Rahmen der Task Force eng zusammengearbeitet, sagte EASA-Exekutivdirektor Patrick Ky. „Dieser Bericht ist das Ergebnis einer eingehenden Analyse und enthält praktische Empfehlungen, damit ein solches tragisches Ereignis sich nicht wiederholen kann. Die EASA ist bereit, die notwendigen Schritte zu ergreifen und aus den gewonnenen Erkenntnissen zu lernen.“
Der Umstand, dass der offenbar psychisch kranke Co-Pilot Germanwings-Flug 9525 absichtlich zum Absturz brachte, hatte international unter anderem eine Debatte über die geltenden Flugtauglichkeitsuntersuchungen ausgelöst. Auch in Deutschland analysierte eine Task Force mögliche Sicherheitslücken.
Sie empfahl im Juni sämtlichen Fluggesellschaften, Anlaufstellen für Crew-Mitglieder einzurichten, an die diese sich bei psychischen Problemen wenden oder über psychische Probleme von Kollegen berichten können. Außerdem sollten künftig bei Piloten zusätzliche Laborwerte erhoben sowie regelmäßig stichprobenartig Tests auf Medikamente, Drogen und Alkohol vorgenommen werden. Auch der Zugriff von Flugärzten auf die Krankengeschichte von Piloten solle erleichtert werden.
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