Medizin

„Gesunde Adipositas“: Warum einige Menschen ohne Stoffwechselstörung dick werden können

  • Montag, 5. Januar 2015
Uploaded: 05.01.2015 16:24:24 by mis
dpa

St. Louis – Etwa ein Drittel aller Menschen entwickeln trotz Adipositas keine Fettleber. Bei ihnen kam es in einem Ernährungsexperiment im Journal of Clinical Investigation (2014; doi: 10.1172/JCI78425) auch bei einer absichtlichen weiteren Gewichtszunahme nicht zu einer Verschlechterung des Stoffwechsels. Der Grund könnte in einer effektiveren Verarbeitung der aufgenommenen Fette und Zucker im Fettgewebe liegen.

Das Ziel der Studie war eine rasche Gewichtszunahme. Obwohl die Probanden zu Beginn bereits um die 100 Kilo wogen und mit einem Body Mass Index von 34 bis 35 eindeutig als adipös einzustufen waren, sollten sie so lange ihre Mahlzeiten bei Burger King, Kentucky Fried Chicken, McDonald’s, Pizza Hut, und Taco Bell einnehmen, bis ihr Körpergewicht um weitere 6 Prozent gestiegen war. Die meisten Teilnehmer schafften die geplante Gewichtszunahme dank der Unterstützung einer Diätassistentin, die auf die Einhaltung der 1.000 Extrakalorien am Tag achtete, innerhalb kurzer Zeit.

Vorher und nachher wurden alle Teilnehmer am Center for Human Nutrition der Washington University in St. Louis untersucht. Das Team um Samuel Klein wollte wissen, wie sich der Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel unter der Mast verändern. Die Forscher hatten die Teilnehmer nach den Ergebnissen einer Magnetresonanzspektroskopie in zwei Gruppen eingeteilt: Bei acht Probanden lag eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD) vor.

Diese Teilnehmer hatten auch ausgeprägte Stoffwechselstörungen: Insulinwerte und Blutzucker waren gleichzeitig erhöht, was eine ausgeprägte Insulinresistenz anzeigte. Auch die Triglyzeride waren deutlich höher als bei den zwölf Probanden, die trotz Adipositas keine NAFLD hatten und als metabolisch gesund eingestuft wurden.

Obwohl die Patienten mit NAFLD deutlich schlechtere Ausgangswerte hatten, verschlech­terte sich ihr Stoffwechsel nach der Mast noch einmal. Die Insulinresistenz (HOMA-IR), die schon vor der Mast dreimal höher war als bei den metabolisch gesunden Probanden, stieg nochmal um 22 Prozent. Die Triglyzeride nahmen um weitere 17 Prozent zu. Beim Apolipoprotein ApoB 100, einem Transportprotein für Lipide im Blut, kam es zu einem Anstieg um 43 Prozent. Diese Veränderungen hatte Klein angesichts der Mast-Diät erwartet.

Erstaunlich war dagegen, dass die hyperkalorische Ernährung bei den Probanden ohne Fettleber keine negativen Auswirkungen hatte, obwohl diese ebenfalls weiter zuge­nommen hatten. HOMA-IR, ApoB 100 und Triglyzeride veränderten sich kaum, obwohl die Probanden der gleichen zucker- und fettreichen Nahrung ausgesetzt waren.

Die Erklärung fand Klein in einer genetischen Untersuchung des subkutanen Fettge­webes. Bei den gesunden Adipösen wurden die Gene für mehrere Enzyme, die an der Bildung und Speicherung von Fettsäuren beteiligt sind, vermehrt gebildet. Frühere Untersuchungen der gleichen Arbeitsgruppe hatten gezeigt, dass auch die Gene für den Glukose-Stoffwechsel bei den gesunden Adipösen besser funktionieren.

Dem Stoffwechsel der gesunden Adipösen scheint es leichter zu gelingen, die zusätzlich aufgenommenen Kalorien zu verarbeiten. Die Ursache dürfte in einer genetischen Prä­dis­position zu suchen sein, die aber in der Studie nicht untersucht wurde. Die Studie kann auch nicht klären, ob die NAFLD Ursache oder Folge der Stoffwechselstörungen ist. Die Studie bestätigt allerdings erneut, dass die NAFLD ein Marker für eine unge­sunde Adipositas ist.

rme

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