Medizin

Gesunder Lebensstil könnte vor Long COVID schützen

  • Mittwoch, 8. Februar 2023
/niphon, stock.adobe.com
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Boston – Wer Übergewicht vermeidet, ausreichend lange schläft, Alkohol nur in Maßen trinkt, sich ausrei­chend körperlich betätigt, auf das Rauchen ganz verzichtet und sich gesund ernährt, darf nach den Ergeb­nis­sen einer prospektiven Beobachtungsstudie in JAMA Internal Medicine (2023; DOI: 10.1001/jamainternmed.2022.6555) darauf hoffen, sich schneller von einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu erholen. Teilnehmerinnen, die bereits in den Jahren vor Corona mindestens 5 der 6 Regeln beherzigt hatten, waren nur halb so häufig an Long COVID erkrankt.

Ein Long COVID liegt nach den gängigen Definitionen vor, wenn die Symptome auch nach 4 Wochen noch nicht abgeklungen sind. Dies war bei 871 von 1.981 Teilnehmerinnen (44,0 %) der Nurses’ Health Study II der Fall, die zwischen April 2020 und November 2021 an COVID-19 erkrankt waren. Die häufigsten Long-COVID-Symptome waren Müdigkeit, Geruchs- oder Geschmacksprobleme, Kurzatmigkeit, Verwirrtheit/ Orientierungs­losigkeit/„Brain fog“ und Gedächtnisprobleme.

Die Krankenpflegekräfte gehörten zu einer Gruppe von 32.249 Teilnehmerinnen, die in der ersten Phase der Epidemie regelmäßig zu COVID-19 befragt worden waren. Vor der Pandemie hatten sie auch regelmäßig Fragebögen zu ihrem Lebensstil ausgefüllt.

Als wünschenswert eingestuft werden ein Normalgewicht mit einem Body-Mass-Index von 18,5 bis 24,9, ein Verzicht auf das Tabakrauchen, mindestens 150 min/Woche moderate bis intensive körperliche Aktivität, hochwertige Ernährung (obere 40 % im „Alternative Healthy Eating Index“), ein moderater Alkoholkonsum (5-15 g/Tag) und ausreichend Schlaf (7-9 Stunden/Tag).

Ein Team um Andrea Roberts von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston hat das Einhalten der Lebensregeln mit der Häufigkeit von Long COVID in Verbindung gesetzt. Die Auswirkungen der einzelnen Lebensstilaspekte waren relativ gering.

Den stärksten Einfluss hatte ausreichender Schlaf, der das Risiko in einer adjustierten Analyse um 17 % senk­te (relatives Risiko 0,83; 95-%-Konfidenzintervall 0,72-0,95), und ein Normalgewicht mit einem relativen Risi­ko von 0,85 (0,73-1,00). Für die anderen Aspekte war nur ein geringerer Trend ohne statistische Signifikanz nachweisbar.

Der Nutzen nahm allerdings mit der Zahl der eingehaltenen Lebensregeln zu. Für Frauen, die mindestens 5 der 6 Kriterien erfüllten, ermittelte Roberts ein relatives Risiko von 0,51 (0,33-0,78), was in etwa einer Halbie­rung des Risikos entsprach.

Den Anteil der Long-COVID-Erkrankungen, der insgesamt durch einen gesunden Lebensstil der Bevölkerung vermieden werden könnte („population attributable risk“ PAR), beziffert Roberts auf 36,0 % (14,1-52,7 %) also auf etwa ein Drittel. Dies gilt allerdings nur unter der Annahme, dass den Assoziationen auch eine kausale Wirkung zugrunde liegt, was bei epidemiologischen Studien niemals sicher ist.

Wenn die Zahlen zutreffen, dann wäre der ungesunde Lebensstil der Bevölkerung maßgeblich an der derzeiti­gen Epidemie von Long COVID beteiligt. So haben in den USA 70 % der Bevölkerung kein gesundes Körper­gewicht und 30 % schlafen nicht genug.

rme

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