Vermischtes

Gesundheits­aktivitäten von Tech-Konzernen bergen Chancen und Risiken

  • Donnerstag, 10. März 2022
/pixtumz88, stockadobecom
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Gütersloh – Globale Technologiekonzerne dringen immer stärker in den Gesundheitsbereich vor. Das zeigt eine Bestandsaufnahme eines Forschungsteams unter Leitung der Ethikerin Christiane Woopen, das im Auftrag der Bertelsmann Stiftung das Angebot an medizinischen Produkten und Dienstleistungen von 16 der weltgrößten Digitalunternehmen analysiert hat.

Die Innovationskraft berge viel Potenzial für die digitale Transformation des Gesundheitswesens, aber auch Risiken für den Umgang mit Daten und das solidarisch organisierte deutsche Gesundheitssystem, hieß es. Politik und Gesellschaft seien gefordert, die nötigen Leitplanken zu schaffen.

Nach Einschätzung der Fachleute müssten sich Politik und Gesellschaft darauf verständigen, wie sich Digitalkonzerne am besten in die bestehenden Gesundheitsstrukturen einbinden lassen. Denn aus der Bestandsaufnahme gehe hervor, dass mittlerweile jedes der betrachteten Unternehmen über Partner­schaften, Investitionen oder Akquisitionen mit dem Gesundheitssektor verbunden ist.

Da es sich bei Gesundheit um einen Wachstumsmarkt handelt, sei davon auszugehen, dass die Tech-Kon­zerne ihre Aktivitäten kontinuierlich ausweiten werden. In der Folge könne das zum Aufbau von Parallel­strukturen zum bestehenden Gesundheitssystem führen.

„Tech-Giganten können durch ihre Produkte, Services und Know-how dazu beitragen, die Prävention von Erkrankungen zu fördern, die digitale Gesundheitsversorgung sektorenübergreifend und patientenzent­riert weiterzuentwickeln und den Aufbau eines lernenden Gesundheitssystems zu unterstützen“, betonte Christiane Woopen, Professorin für Life Ethics an der Universität Bonn.

Dieses Potenzial sollte genutzt werden. Gleichzeitig sollten ethische Standards gewahrt werden, die es durch eine risikoadäquate Regulierung teils noch abzusichern gelte.

„Im öffentlichen Bewusstsein ist es noch gar nicht so präsent, wie stark die Tech-Giganten inzwischen im Gesundheitsbereich aktiv sind. Dabei wäre es wichtig, sich mit ihrem wachsenden Einfluss auseinander­zu­­setzen“, sagte Thomas Kostera, Senior Expert Gesundheitssysteme bei der Bertelsmann Stiftung.

Der Umgang mit den Tech-Giganten stelle für die Gesundheitspolitik „zweifellos eine Gratwanderung“ dar, so Kostera. Ohne ihre Beteiligung drohe ein kaum einholbarer Rückstand bei der digitalen Transfor­mation – zugleich dürften aber das Solidarprinzip und das Selbstbestimmungsrecht der Patienten nicht ins Wanken geraten.

Sowohl die deutsche als auch die europäische Gesundheitspolitik sollten deshalb einen klaren regulati­ven Rahmen schaffen, so die zentrale Schlussfolgerung der Studie. Dieser Rahmen müsse definieren, un­ter welchen Voraussetzungen und nach welchen Regeln Kooperationen mit Tech-Unternehmen möglich sind – und wie sich deren Innovationen nutzenbringend integrieren lassen.

Flankierend solle es eine gesellschaftliche Debatte geben, an welchen Werten und ethischen Leitplanken sich die digitale Transformation des Gesundheitswesens zu orientieren hat. So gelte es beispielsweise, eine monopolartige Datennutzung durch einzelne Akteure zu verhindern.

Das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz sollte für alle Datenhalter, einschließlich der Tech-Kon­zerne, klare Vorschriften für die Sammlung und Weitergabe von Daten enthalten. Gleiches gelte für den geplanten Europäischen Gesundheitsdatenraum.

Zudem müsse der Missbrauch von gesundheitsbezogenen Daten und daraus entstehenden Risikoprofilen, etwa bei der Arbeitsplatzsuche oder beim Abschluss von Lebensversicherungen, gesetzlich verhindert werden.

aha

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