Politik

Gesundheitsver­sorgung von Flüchtlingen: Informationspolitik der Regierung in der Kritik

  • Donnerstag, 28. Juli 2016

Berlin – Die Informationspolitik der Bundesregierung zur Gesundheitsversorgung von Asyl­suchenden steht in der Kritik. Nach einem Kommentar im Deutschen Ärzteblatt vom Mai dieses Jahres zu einer Broschüre der Bundesregierung für Flüchtlinge stellten Ab­ge­ordnete der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag eine Kleine Anfrage. In ihrer Antwort ver­teidigt die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium Annette Widmann-Mauz (CDU) jetzt die Herangehensweise. Die Antwort auf die Kleine Anfrage liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.

Die medizinischen Leistungen für Asylbewerber folgen im Wesentlichen den Bestimmun­gen des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG). Sie sind in den ersten 15 Monaten ihres Aufenthaltes in Deutschland gegenüber gesetzlich Krankenversicherten bekannt­lich deutlich eingeschränkt.

Das Bundesministerium für Gesundheit hatte einen Ratgeber herausgegeben, um Asylsuchende über ihren Anspruch zu informieren. Dort heißt es unter anderem: „Sie werden von einem Arzt oder einer Ärztin untersucht und behandelt, wenn Sie akut er­krankt sind, Sie unter Schmerzen leiden, Sie schwanger sind.“

„Diese Darstellung beinhaltet zwei gravierende Fehler“, schreibt Amand Führer, Arzt im öffentlichen Gesundheitsdienst, in seinem Kommentar im Deutschen Ärzteblatt. Zum ei­nen werde der vom AsylbLG gedeckte Kanon an Behandlungen auf akute Erkran­kun­gen, Schmerzen und Schwangerschaft eingeengt, obwohl das Gesetz ausdrücklich auch die Durchführung von Impfungen, Vorsorgeuntersuchungen und allen Behandlungen, die „zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich“ sind, vorsehe (AsylbLG Paragraph 6 Absatz 1).

Außerdem suggeriere der Passus, dass das Gesetz den Handlungsspielraum der Ärzte in ihrer Behandlungspraxis beschränkt. Dies ist laut Führer unzutreffend, denn das AsylbLG regle lediglich die Kostenübernahme der für Asylbewerber erbrachten Leis­tun­gen. Die Regeln der ärztlichen Kunst würden davon nicht berührt. Im Text der Infobro­schüre sollte es daher eher heißen: „Ihre Ärztin/Ihr Arzt kann die Ihnen zuteil gewordene Behandlung beim zuständigen Sozialamt abrechnen, wenn…“

Widmann-Mauz betont in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage, der „Ratgeber Gesundheit für Asylsuchende in Deutschland“ solle Asylbewerbern einen ersten bundesweit einheit­lichen Überblick über das deutsche Gesundheitswesen sowie die Untersuchung in Erst­aufnahmeeinrichtungen in einfacher Sprache vermitteln. Der Ratgeber habe eine Lotsen­­funktion, indem er wichtige Ansprechpartner für die Gesundheitsversorgung und bestimmte Versorgungsangebote beispielhaft benenne. Widmann-Mauz erklärte zudem, dass es sich um eine Erstinformation handle, die nur allgemeine Informationen enthalte. Eine umfassende Rechtsberatung, eine Aufklärung über spezifische Erkrankungen und Krankheitsbilder solle die Broschüre hingegen nicht leisten.

Enttäuscht über diese Einschätzung äußerte sich Harald Weinberg, Sprecher für Kran­kenhauspolitik und Gesundheitsökonomie der Fraktion „Die Linke“ im Bundestag: „Ich frage mich ernsthaft, welchen Zweck diese Broschüre erfüllen soll. Wenn es die Bundes­regierung in einem 24-seitigen Ratgeber nicht schafft, Geflüchtete vollständig über ihre Rechte aufzuklären, kann kaum mehr von Nachlässigkeit gesprochen werden“, sagte er gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Vielmehr erhalte man den Eindruck, sowohl Ärzte als auch die Anspruchsberechtigten sollten eher von den ohnehin unzureichenden Be­handlungsoptionen nach AslylbLG abgebracht werden, so seine Kritik.

Widmann-Mauz bestätigte in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage, dass auch das AsylbLG weitergehende Leistungen für Asylbewerber vorsehe, „insbesondere zur Be­handlung chronischer Erkrankungen, die über die Akut- und Schmerzbehandlung hi­naus­geht“. Diese Regelung gebe den Behörden die Möglichkeit, besonderen Bedarfen im Einzelfall gerecht zu werden. Über die Notwendigkeit und Dringlichkeit entschieden Ärzte eigenverantwortlich. „Für die Bundesregierung steht außer Frage, dass die an der Gesundheitsversorgung der Flüchtlinge Beteiligten fähig sind, ihren rechtlichen und be­rufsethischen Verpflichtungen gleichermaßen gerecht zu werden und Ermessens­spiel­räu­me verantwortlich zu nutzen“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

hil

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