Größerer Ausbruch mit multiresistentem Acinetobacter-Stamm am Universitätsklinikum Kiel
Kiel - Am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) Standort Kiel, gibt es seit zweieinhalb Monaten einen größeren Ausbruch eines gramnegativen Bakteriums, das gegen die vier relevanten Antibiotikagruppen Resistenzen aufweist (Penicilline, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Carbapeneme und Fluorochinolone). Inzwischen sind 31 schwerkranke, zum Teil ältere Intensivpatienten mit diesem sogenannten 4 MRGN-Stamm von Acinetobacter baumannii kolonisiert, zwölf Patienten starben, teilte das Klinikum heute mit. Der Erreger löst vor allem Wundinfektionen oder Lungenentzündungen aus. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zeigte sich offen für Diskussionen über Tests bei Risikopatienten. „Der Kieler Fall muss auch Anlass sein erneut zu prüfen, inwieweit das Screening angepasst werden muss", erklärte der Minister am Montag in Berlin.
Nach Angaben der Klinik war die Infektion bei neun der Patienten aber nicht die Todesursache, bei den beiden übrigen sei ein Zusammmenhang nicht auszuschließen, sagte ein Sprecher des UKSH. Nach der Entdeckung eines gefährlichen multiresistenten Keims am Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) sind am Montag externe Hygiene-Experten zur Unterstützung am Krankenhaus eingetroffen.
Die Fachleute führten Gespräche mit Mitarbeitern machten sich ein gründliches Bild, sagte ein Sprecher des UKSH in Kiel. Bei den Experten handelt es sich um Spezialisten der Universitätsklinik Frankfurt am Main, dessen Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene bei dem Thema als eine bundesweit führende Einrichtungen gilt.
Multiresistente Stämme von Acinetobacter baumannii - die meisten Stämme mit Antibiotikaresistenzen bilden auch Carbapenemasen - werden weltweit als Verursacher von Hospitalinfektionen immer häufiger und gelten als hochgefährliche Erreger. Sie erhöhen die Mortalität bei schwerkranken Patienten und solchen mit Immunsuppression.
Ausbruch ist hygienischer Notfall
„Das Auftreten von Erregern, die Carbapenemasen bilden, muss generell als hygienischer Notfall gewertet werden", so der Infektiologie Winfried Kern von der Universitätsklinik Freiburg. Auch in Deutschland erhöht sich nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) Berlin der Anteil der A. baumanii-Stämme an den 4MRGN-Bakterien in deutschen Kliniken: Er stieg von 5,0 Prozent 2009 auf 10,7 Prozent 2011.
Im Jahr 2012 hatte es den Zahlen des RKI zu Folge 13 Ausbrüche durch A. baumanii mit insgesamt 86 Fällen und neun auf eine solche Infektion zurückzuführende Todesfälle gegeben, im Jahr 2013 waren es 14 Ausbrüche mit insgesamt 67 Fällen und vier assoziierten Todesfällen.
Der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) zufolge sind Ausbrüche generell trotz umfassender Hygienemaßnahmen nicht vollständig auszuschließen und auch bei optimalen Gegenmaßnahmen nur schwer einzudämmen. Gegen den Verdacht von Fehlern oder Hygienemängeln nahm die DGHM das UKSH in Schutz: Den vorliegenden Informationen zufolge täten die Kollegen alles Erforderliche, erklärte die Fachgesellschaft dazu.
Klinik hat alle notwendigen Schritte eingeleitet
Auch das Kieler Gesundheitsamt als zuständige Behörde hatte der Klinik nach Bekanntwerden des Ausbruchs am Freitag bescheinigt, alle nötigen Schritte eingeleitet zu haben. Betroffene Patienten werden strikt isoliert, um eine weitere Verbreitung des Keims zu erschweren. Die befallenen Stationen nehmen keine neuen Patienten mehr aus, außerdem wurden Desinfektionsmaßnahmen eingeleitet. Krankenhaus und Behörden stehen in ständigem Kontakt.
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