Medizin

Gürteltiere übertragen Lepra

  • Donnerstag, 28. April 2011

Baton Rouge – Das Neunbinden-Gürteltier Dasypus novemcinctus ist in den südlichen Staaten der USA offenbar ein häufiger Überträger der Lepra, wie aus einer Untersuchung im New England Journal of Medicine (2011; 364: 1626-1633) hervorgeht.

In den USA erkranken jedes Jahr etwa 150 Menschen an einer Lepra. Etwa ein Drittel kann sich nicht an Kontakte mit anderen Patienten oder an Reisen nach Brasilien, Afrika, die Philippinen oder Ozeanien erinnern, wo die Lepra endemisch ist.

Seit einiger Zeit werden deshalb die “Armadillos”, wie die Gürteltiere in Lateinamerika genannt werden, als Überträger verdächtigt. Dies liegt nahe, da die Tiere vor allem in den südlichen Staaten verbreitet sind, wo auch die Lepra-Erkrankungen auftreten.

Die Tiere nähern sich auch gerne menschlichen Behausungen, um in Mülltonnen nach Nahrung zu stöbern. Der wichtigste Hinweis war jedoch, dass Dasypus novemcinctus das einzige bekannte Wirbeltier (neben dem Menschen) ist, das von Mycobacterium leprae infiziert wird.

M. leprae ist ein obligatorisch intrazelluläres Bakterium mit einer sehr langsamen Teilungsrate, das bisher im Labor nicht kultiviert werden kann. Dasypus novemcinctus wird deshalb seit den 1970er Jahren auch zu Forschungszwecken mit M. leprae infiziert. Richard Truman vom National Hansen’s Disease Program in Baton Rouge schließt aber aus, dass die Erreger über Tierversuche in die Umwelt gelangten.
 

Umgekehrt scheinen jedoch einige Infektionen beim Menschen ihren Ursprung in den wild lebenden Tieren zu haben. Dies schließen die Forscher aus dem Genomvergleich von vier Bakterien, die die Forscher aus einem Gürteltier und drei Patienten isoliert hatten. Die Erbsubstanz war nahezu identisch. Sie unterschied sich zudem in 51 Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP) und einer Insertion-Deletion von 11 Basenpaaren von Erregern, die in Brasilien oder Asien verbreitet sind.

Der Genotyp “3I-2-v1” der amerikanischen Leprabakterien wurde danach bei 28 von 33 infizierten wilden Armadillos und bei 25 von 39 US-Patienten aus den Regionen gefunden, in denen diese Tiere endemisch sind.

Auch wenn das Infektionsrisiko insgesamt gering ist und die Lepra heute mit Antibiotika sehr gut behandelt werden kann, sofern noch keine Nervenschäden aufgetreten sind, rieten Experten der Bevölkerung bereits den Kontakt zu den Tieren zu meiden. Eine Exposition sei bei Gartenarbeiten oder nach Überfahren der Tiere durch Exkremente oder Blutspuren an den Reifen möglich.

Auch wenn die Lepra in den USA nicht über Tierversuche verbreitet wurde, müssen sich die Gürteltiere doch irgendwann beim Menschen angesteckt haben. Es gilt als sicher, dass die Lepra sich erst nach der Entdeckung durch Kolumbus im amerikanischen Kontinent ausbreitete. Dasypus novemcinctus war zuvor jedoch außerhalb Amerikas nicht bekannt.

rme

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