Gutachten schlägt 13 neue Zentralkliniken für Rheinland-Pfalz vor

Mainz – Mit dem Geld aus dem Transformationsfonds ist eine Zentralisierung der Krankenhauslandschaft in Rheinland-Pfalz – entsprechend der Ideen der Krankenhausreform des Bundes – möglich. Davon geht der Geschäftsführer des Institutes for Health Care Business (hcb), Boris Augurzky, aus.
„Die neuen Instrumente aus dem Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz, KHVVG, zielen alle weitgehend auf eine Schwerpunktbildung und eine Zentralisierung“, sagte Augurzky dem Deutschen Ärzteblatt. Eine solche Zentralisierung biete auch für Rheinland-Pfalz erhebliche Chancen zur Verbesserung der Effizienz und der Versorgungsqualität.
Augurzky und sein Team haben im vergangenen Jahr in einem Gutachten analysiert, wie die Krankenhauslandschaft von Rheinland-Pfalz zentralisiert werden könnte. Heute gibt es in dem Land viele kleine Häuser freigemeinnütziger Träger.
Weil der finanzielle Druck durch die Unterfinanzierung des Systems zu groß geworden war, hat der DRK Landesverband – einer der größten Krankenhausträger des Landes – vor kurzem erklärt, sich ganz aus der Krankenhausversorgung zurückziehen zu wollen.
Dem Gutachten zufolge beträgt die Bettenauslastung der Krankenhäuser im Land derzeit 66 Prozent. Das Ambulantisierungspotenzial sei zudem groß.
Bessere Ausstattung
„Durch die Zusammenlegung mehrerer, meist kleiner Krankenhausstandorte können neue, größere Zentralkliniken entstehen, die sowohl personell als auch technisch besser ausgestattet sind“, schlägt Augurzky vor.
„Unsere Analysen zeigen, dass bis zu 30 bestehende Standorte zu 13 Zentralkliniken zusammengelegt werden könnten. Dadurch würde sich die Gesamtzahl der Krankenhausstandorte auf dann 61 reduzieren.“
Das hcb geht davon aus, dass in Rheinland-Pfalz fast 3.000 Betten neu gebaut werden müssten und sich der Investitionsbedarf für den Bau von Zentralkliniken auf circa 2,3 Milliarden Euro belaufen würde.
„Im Transformationsfonds werden ab 2026 bundesweit 50 Milliarden Euro für eine Laufzeit von zehn Jahren bereitstehen“, so Augurzky. „Das entspricht fast 600 Euro pro Einwohner. Nach seiner Bevölkerungsgröße bemessen könnten Rheinland-Pfalz knapp 2,5 Milliarden Euro aus dem Transformationsfonds zur Verfügung stehen. Das würde also reichen.“
Verlagerung von 16 Prozent der Fälle
Die Altstandorte würden dann entweder umgewandelt – beispielsweise in ambulante Zentren oder sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen – oder geschlossen. „Für Rheinland-Pfalz schätzen wir das Umwandlungspotenzial auf 14 bis 21 Standorte“, sagte Augurzky.
„Insbesondere in ländlichen Regionen leisten ambulante und sektorenübergreifende Versorgungszentren einen wesentlichen Beitrag zur wohnortnahen Grundversorgung.“ Zudem bestehe in einigen Fällen die Möglichkeit, kleinere Krankenhäuser ohne eine Verlagerung in ein neues Zentrum direkt in solche Einrichtungen zu überführen.
Die größten Optimierungspotenziale beständen in den Versorgungsgebieten Westerwald, Rheinpfalz und Mittelrhein. Im Zuge der Zentralisierung würden dem Gutachten zufolge etwa 16 Prozent der stationären Fälle und Krankenhausbetten innerhalb von Rheinland-Pfalz verlagert.
Viele kleine Häuser
Zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie hcb kommt die Unternehmensberatung PD in einem aktuellen Gutachten, das vom Gesundheitsministerium Rheinland-Pfalz in Auftrag gegeben wurde. „Die kleinteilige Bettenstruktur vieler Krankenhäuser stellt die Krankenhauslandschaft vor wirtschaftliche und qualitative Herausforderungen“, heißt es darin.
„In Rheinland-Pfalz verfügte rund die Hälfte der Krankenhausstandorte über weniger als 150 aufgestellte Betten, während nur neun Kliniken über 500 Betten verfügten.“ Grundlage des Gutachtens sind Zahlen aus dem Jahr 2023.
„Zudem beeinträchtigten deutschlandweit ein erheblicher Investitionsstau und die fehlende Refinanzierung inflationsbedingter Kostensteigerungen die wirtschaftliche Stabilität der Krankenhäuser. Diese Entwicklungen belasten auch die Kliniken in Rheinland-Pfalz zunehmend“, heißt es weiter.
In einigen Regionen, wie beispielsweise in Koblenz/Neuwied, sieht die Unternehmensberatung PD Potenzial für eine stärkere Zentralisierung der Krankenhausstandorte. Zudem halten sie eine weitergehende Bündelung des Versorgungsangebots in bestimmten Leistungsbereichen, etwa in der Endoprothetik, für notwendig.
20 Prozent weniger Betten empfohlen
„Im Rahmen des Gutachtens wurde zusätzlich festgestellt, dass auf Basis der Daten aus dem Jahr 2023 ein rechnerischer Abbau von bis zu 20 Prozent der Bettenkapazitäten möglich wäre, ohne die Versorgungssicherheit der Bevölkerung zu gefährden“, heißt es weiter in dem Gutachten. Denn diese Kapazitäten blieben – bei einer Bettenauslastung von durchschnittlich 67 Prozent – bereits heute weitestgehend ungenutzt.
Als zentrales Handlungsfeld nennt auch PD die Schaffung leistungsfähiger Krankenhauszentren. „Die Insolvenzen von Krankenhausstandorten in Rheinland-Pfalz stellen nicht nur eine Herausforderung für die regionale Gesundheitsversorgung dar, sondern bieten auch die Chance, ineffiziente und redundante Strukturen zugunsten moderner Zentralkrankenhäuser zu transformieren“, heißt es in dem Gutachten.
„Besonders Regionen wie Koblenz, Neuwied, Bad Kreuznach, Bingen, Pirmasens, Ludwigshafen sowie der nordwestliche Bereich Mittelrhein-Westerwald eignen sich für die Entwicklung solcher Zentren.“
Regionalkonferenzen haben begonnen
Anlässlich der Veröffentlichung des Gutachtens skizzierte Landesgesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) heute in Mainz, wie der Umbau der Krankenhauslandschaft weitergeht. „Wir haben aktuell kein Versorgungsproblem im Land“, betonte er zunächst. „Wir verfügen über eine sehr gute wohnortnahe Grund- und Notfallversorgung.“
Fast alle Rheinland-Pfälzer erreichten innerhalb von 30 Minuten ein Krankenhaus der Grundversorgung, viele deutlich schneller. Dabei solle es bleiben. Alle Klinikstandorte solle es auch nach der Neuordnung geben. Dabei werde sich für jedes Krankenhaus viel ändern.
Derzeit ist das Ministerium in den fünf Versorgungsgebieten des Landes mit den Trägern der Krankenhäuser, den Krankenkassen und dem Medizinischen Dienst in einem offenen Gespräch. Die ersten beiden dieser Konferenzen in der Region Mainz/Rheinhessen/Nahe und Kaiserslautern seien sehr vielversprechend gewesen, sagte Hoch.
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