H. pylori schützt Mäuse vor Asthma

Zürich/Mainz – Eine Infektion mit dem Magenbakterium Helicobacter pylori in der Neonatalphase schützt Mäuse vor einem späteren allergischen Asthma. Dies zeigen Experimente im Journal of Clinical Investigation (2011; doi: 10.1172/JCI45041). Das Tiermodell bestätigt die Hygiene-Hypothese, nach der übertriebene Hygiene und der häufige Einsatz von Antibiotika für die Zunahme an Asthmaerkrankungen in westlichen Ländern verantwortlich sind.
Für die Hygiene-Hypothese und die Beteiligung von H. pylori gebe es Hinweise aus epidemiologischen Studien, berichtet die Gruppe um Anne Müller, Universität Zürich, und Privatdozent Christian Taube, Universität Mainz: Kinder, die mit H. pylori infiziert sind, würden seltener als andere an einem allergischen Asthma erkranken.
Um zu untersuchen, ob dieser inversen Assoziation eine Kausalität zugrunde liegt, haben die Forscher die frühkindliche Infektion mit H. pylori in einem Mäusemodell nachgestellt. Die Tiere wurden einmal wenige Tage nach der Geburt und ein anderes Mal erst im ausgewachsenen Alter infiziert.
Ergebnis: Die früh infizierten Tiere entwickelten eine immunologische Toleranz gegenüber dem Bakterium. Selbst auf starke Asthma auslösende Allergene reagierten sie nicht oder nur geringfügig. Wurde die Mäuse erst im erwachsenen Alter mit H. pylori infiziert, genossen sie gegenüber einer nicht infizierten Gruppe von Mäusen einen weitaus schwächeren Schutz.
Die starke protektive Wirkung führen die Forscher auf sogenannte regulatorische T-Zellen zurück, die Immunologen als Träger der Selbsttoleranz bezeichnet. Sie verhindern, dass das Immunsystem körpereigene Antigene angreift. Die Folge wäre eine Autoimmunerkrankung.
Dank der regulatorischen T-Zellen werden aber auch Antigene toleriert, die in der frühen Kindheit erworben wurden. Dazu gehörten bei den neonatal infizierten Mäusen die Antigene von H. pylori.
Die Forscher konnten die regulatorischen T-Zellen bei den früh infizierten Tieren in der Lungenschleimhaut nachweisen. Sie vermuten, dass die regulatorischen T-Zellen dort einen Reifeprozess von dendritischen Zellen hemmen.
Die dendritischen Zellen gehören zu den antigenpräsentierenden Zellen, die fremde Antigene aufspüren und eine Immunreaktion veranlassen. Die regulatorischen T-Zellen verhindern, dass es dazu kommt.
Die Rolle der regulatorischen T-Zellen konnten die Forscher in zwei Experimenten belegen. Im ersten behandelten sie die Mäuse mit einem Antikörper, der diese Zellen bindet und dadurch ausschaltet.
Folge: Die Asthma-Schutzwirkung durch eine frühe Infektion mit H. pylori ging verloren. Im zweiten Experiment wurden regulatorische T-Zellen von infizierten auf nicht-infizierte Mäuse übertragen. Danach genossen auch die nicht-infizierten Tiere einen wirkungsvollen Schutz vor allergisch bedingtem Asthma.
Schließlich untersuchten die Forscher die Auswirkungen von Antibiotika: Interessanterweise konnte bei Tieren, die nach der Sensibilisierungsphase mit Antibiotika behandelt wurden, später leichter eine allergische Reaktion ausgelöst werden. Beim Menschen fällt diese Phase in die Zeit, in der viele Kinder wegen Otitis media oder Atemwegsinfektionen Antibiotika erhalten.
Für die Autoren sind die Experimente ein Hinweis darauf, dass der in den Industrienationen weit verbreitete Einsatz von Antibiotika und der daraus folgenden Verlust an Mikroorganismen, die den menschlichen Körper dauerhaft besiedeln, für die Zunahme von allergischem Asthma in den Industrienationen mit verantwortlich ist.
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