Harmlose Bakterien können Meningokokken aus der Nase vertreiben
Southampton – Nasentropfen mit Neisseria lactamica, einem harmlosen Verwandten von N. meningitidis, haben in einer Studie in Clinical Infectious Diseases (2015; doi: 10.1093/cid/civ098) bei gesunden Studenten den potenziellen Meningitiserreger kurzfristig aus dem Rachenepithel verdrängt. Die Behandlung könnte die Eindämmung von Epidemien unterstützen.
N. meningitidis kann Sepsis oder Hirnhautentzündung auslösen, bei den meisten Menschen bleibt es jedoch bei einer– zumeist vorübergehenden – Besiedlung des Nasenrachenraum. Die höchste Prävalenz wird bei Studenten gefunden. Der Grund wird in den Zusammentreffen von vielen Menschen vermutet, die noch keine Immunität gegen N. meningitidis entwickelt haben.
Von den 310 Studenten, die Robert Read von der Universität Southhampton für seine Studie gewinnen konnte, hatte anfangs bereits fast jeder vierte einen positiven Rachenabstrich. Die Studenten wurden auf zwei Gruppen randomisiert. In einer Gruppe erhielten die Probanden einmalig Nasentropfen, die den harmlosen Erreger N. lactamica enthielten.
Es ist ein vermutlich harmloser Verwandter von N. meningitidis, der aber keine Meningitis auslöst. In dieser Gruppe kam es innerhalb von zwei Wochen zu einem Rückgang der Besiedlungsrate mit N. meningitidis von 24,2 auf 14,7 Prozent der Studenten. In der Kontrollgruppe, bei der die Nasentropfen eine reine Kochsalzlösung enthielten, stieg die Besiedlungsrate von 22,4 auf 33,6 Prozent nach einem halben Jahr an.
Read führt den Rückgang der Besiedlung von N. meningitidis in erster Linie auf eine Verdrängung durch N. lactamica zurück. Eine Kreuzimmunität würde nicht erzielt, da die Zahl der Besiedlungen mit N. meningitidis später wieder zunahm. Um einen langfristigen Schutz zu erzielen, müsste die Behandlung häufiger wiederholt werden. Dies wäre ein Nachteil gegenüber der Impfung, die in der Regel einen lebenslangen Schutz erzielt (und auch eine höhere Schutzwirkung erzielt). Im Fall einer Epidemie könnten die Nasentropfen dennoch sinnvoll sein, meint Read.
Neuere Untersuchungen zeigen, dass die heute empfohlene postexpositionelle Meningokokken-Impfung erst mit einer gewissen Verzögerung eine Schutzwirkung erzielt. In einer jüngst veröffentlichten Studie kam es erst nach mehr als vier Wochen zu einem Rückgang der Meningokokken-Carrier (Lancet 2014; 384: 2123-2131).
Für die Eindämmung einer Epidemie könnte es dann zu spät sein (die Leitlinien sehen deshalb für enge Kontaktpersonen eine Chemoprophylaxe mit Antibiotika vor). Nasentropfen mit N. lactamica könnten eine sinnvolle Ergänzung zur Impfung sein. Vor einem klinischen Einsatz müsste laut Read aber noch geprüft werden, ob N. lactamica tatsächlich harmlos ist und sich in der Schleimhaut nicht in einen invasiven Erreger verwandeln kann.
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