Hepatozelluläres Karzinom: Direkt antiviral wirksame Medikamente könnten Entstehung und Rekurrenz beeinflussen

Mainz - Entsprechend aktueller retrospektiver Berichte könnten einige Hepatitis-C-Patienten mit Leberzirrhose abhängig von der antiviralen Therapie eine höhere De-novo-Inzidenz bzw. ein höheres Rezidivrisiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) haben. Und zwar dann, wenn sie mit direkt antiviral wirksamen Medikamenten (DAA) behandelt wurden anstatt mit Interferon. Eine Zusammenstellung und Einordnung dieser Berichte ist in einer Übersichtsarbeit im Deutschen Ärzteblatt erschienen (Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 597-602).
Gelingt es bei chronisch Infizierten, Hepatitis-C-Viren (HCV) dauerhaft zu beseitigen, sinkt die HCV-assoziierte Gesamtmortalität auch aufgrund der geringeren HCC-Inzidenz. Wie hoch das Restrisiko ist, könnte von der Therapie abhängen, mit der eine dauerhafte Viruseradikation (SVR, sustained virologic response) erreicht wird. Bei Hepatitis-Infizierten mit Leberzirrhose wurde teilweise zwölf Monate nach SVR infolge einer DAA-Therapie eine HCC-Inzidenz von 5,2 bis 7,4 Prozent beobachtet. Diese Zahlen seien um ein Vielfaches höher als bei Patienten nach einer Interferon-induzierten Viruseradikation, schreiben die Autoren um Marcus-Alexander Wörns von der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Historische Daten aus dem International Journal of Molecular Science berichteten 2015 von einem Leberzellkrebs-Risiko von weniger als 1,5 Prozent.
Jedoch handelt es sich nach Aussagen des Autorenteams ausschließlich um Analysen von retrospektiven und meist unkontrollierten und kleinen Kohorten. Ein entscheidender Einschluss-Bias der Berichte liegt darin, dass Patienten, die eine DAA-Therapie erhalten hatten, älter waren und häufiger an einer Leberzirrhose litten, die bereits fortgeschritten war. Beide Faktoren sind schon primär mit einem erhöhten HCC-Risiko assoziiert, heißt es in der Übersichtsarbeit. Ebenso sei es nicht auszuschließen, dass bei einigen Patienten das De-novo-HCC durch unzureichende Überwachung beziehungsweise das Rezidiv durch unzureichende Nachsorge im Vorfeld der DAA-Therapie nicht erkannt und fälschlicherweise als Therapie-assoziiert angesehen wurde. Jedoch werden auch weitere Erklärungsmöglichkeiten aufgezeigt, die mit der DAA-Therapie selbst zusammenhängen könnten (Reduktion der inflammationsgetriggerten Immunsurveillance durch den raschen Abfall der Viruslast).
Die Autoren ziehen das Fazit, dass es aufgrund des Fehlens kontrollierter Studien aktuell keine Einschränkung für eine DAA-Therapie bei Patienten mit Leberzirrhose ohne HCC in der Anamnese beziehungsweise nach kurativ intendierter HCC-Therapie gibt. Jedoch soll bei beiden Patientengruppen vor Einleitung einer DAA-Therapie ein De-novo-Karzinom beziehungsweise ein Rezidiv ausgeschlossen werden. Zudem sollten jene nach kurativ intendierter HCC-Therapie frühestens nach sechs bis zwölf Monaten mit einer DAA-Therapie behandelt werden.
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