Herz- und andere Schrittmacher von der Größe eines Reiskorns

Stanford – Bioingenieure aus Kalifornien haben ein Verfahren zur drahtlosen Energieübertragung entwickelt, mit dem Implantate in tieferen Körperregionen mit Strom versorgt werden können. Dadurch wird eine deutliche Miniaturisierung möglich, wie die Forscher in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2014; doi: 10.1073/pnas.1403002111) anhand eines Herzschrittmachers von der Größe eines Reiskorns zeigen.
Herzschrittmacher und andere medizinische Implantate sind in den letzten Jahrzehnten sehr viel kleiner geworden. Die Notwendigkeit einer Energieversorgung setzte der Miniaturisierung jedoch enge Grenzen, da Batterien nicht ohne Kapazitätsverluste verkleinert werden können.
Die drahtlose Energieübertragung mit elektromagnetischen Wellen war nur bedingt eine Alternative, da die Eindringtiefe bei den verwendeten Nahfeld-Wellen nur sehr gering ist. Damit lassen sich Cochlea-Implantate erreichen, nicht aber Herzschrittmacher, die direkt am Herzmuskel implantiert werden sollen. Außerdem muss die „Antenne“, mit der das Implantat die elektromagnetischen Wellen auffangen soll, bei Nahfeld-Wellen eine gewisse Größe haben.
Beides wäre bei Fernfeld-Wellen nicht erforderlich, doch diese werden entweder von der Körperoberfläche reflektiert oder in Wärme umgewandelt. Das Team um John Ho von der Stanford Universität in Palo Alto hat jetzt einen Kompromiss gefunden, den sie als Mittelfeldwellen bezeichnen. Die Energiewellen haben eine Eindringtiefe, die nach Auskunft der Forscher alle Körperregionen erreichen. Gleichzeitig konnte die Größe der Antenne (in Form einer Spule) so weit miniaturisiert werden, dass sie in einem Implantat von gerade einmal 2 Millimeter Länge und 70 mg Gewicht Platz hatte.
Als Prototyp konstruierten die Forscher einen Herzschrittmacher, den sie einem Kaninchen implantierten. Das Implantat wurde von außen mit einem Sender von der Größe einer Kreditkarte mit Strom versorgt. Der Herzschrittmacher wäre nur eine von vielen Anwendungen.
Neben einer Reihe anderer Neuroimplantate (vom Cochlea-Implantat bis zur tiefen Hirnstimulation) sind durch die Miniaturisierung der Phantasie kaum Grenzen gesetzt. Ho spricht in Analogie zu „Pharmaceuticals“ (Arzneimittel) bereits von „Electroceuticals“, die gezielt einzelne Nervenzellen stimulieren oder die lokale Abgabe von Medikamenten steuern könnten.
Derzeit arbeitet das Team an einem Modell für einen ersten miniaturisierten Schrittmacher für Menschen. Er dürfte allerdings nicht implantiert werden, bevor nicht die notwendigen präklinischen Studien abgeschlossen sind, was in der Regel mehrere Jahre in Anspruch nimmt.
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