Herzinfarkt: Die Gefahr lauert in Darm und Vitaminen
Die Ursache für die Atherosklerose wird heute entweder in den Genen oder in einer ungesunden Lebensweise vermutet. Nach den Experimenten von US-Forschern in Nature (2011; 472: 57-63) könnte es noch einen weiteren Faktor geben.
Die Gruppe um Stanley Hazen Cleveland Clinic vermutet, dass die Darmflora das Risiko beeinflusst. Seine Gruppe hat herausgefunden, dass einige Darmbakterien drei Stoffwechselprodukte freisetzen, die von der Darmwand resorbiert werden und in den Gefäßwänden die Entwicklung von atherosklerotischen Plaques fördern sollen.
Einer der drei proatherogenen Moleküle ist pikanterweise Phosphatidyl-Cholin, besser bekannt als Lecithin. Lecithin und sein Metabolit Cholin sind in vielen Backwaren enthalten. Sie sind ein beliebter Emulgator, der das Vermischen von Fetten und Mehl erleichtert. Als Lebensmittelzusatzstoff (E 322) gilt es bislang als harmlos. Es wird auch als Nahrungsergänzungsmittel angeboten.
Zu den Anwendungsgebieten zählt auch die Vorbeugung von Herzinfarkten, ein Anspruch, der bei Nahrungsergänzungsmittel nicht durch randomisierte klinische Studien gestützt werden muss. Hazen glaubt, dass Lecithin im Gegenteil das Herzinfarktrisiko fördert. Die Evidenz steht allerdings auf schwachen Füßen.
Seine Experimente belegen lediglich eine “Upregulaton” von Rezeptoren auf Makrophagen, die als Fresszellen in die Pathogenese von atherosklerotischen Plaques involviert sind. Als weiterer Hinweise werden erhöhte Werte von “trimethylamine N-oxide” (TMAO), einem der drei Metabolite in einer Kohorte von 1875 Patienten genannt, die sich wegen kardialer Erkrankungen untersuchen ließen.
TMAO ist ein Lecithin-Metabolit, das von der Darmflora produziert wird. Dass es das Herzinfarktrisiko beeinflusst, ist sicherlich eine interessante Hypothese, die hoffentlich untersucht wird, bevor die ersten “kardioprotetiven” Probiotika vermarktet werden.
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