Herzinsuffizienz: Myosin-Aktivator verbessert Pumpleistung
Hull/San Francisco – Ein neuartiger positiv inotroper Wirkstoff, der die Dauer der Systole verlängert, hat sich in ersten klinischen Studien als sicher erwiesen. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz wurde die Pumpleistung des linken Ventrikels gesteigert.
Das von der Firma Cytokinetics in South San Francisco entwickelte Omecamtiv ist der erste Vertreter einer neuartigen Gruppe von positiv inotropen Medikamenten. Der Wirkstoff bindet an dem Myosin-Molekül, das zusammen mit den Aktinmolekülen den motorischen Apparat der Muskelzellen bildet.
Zur Muskelkontraktion kommt es, weil die parallel verlaufenden Myosin- und Aktinfilamente gegeneinander verschoben werden. Die Bewegung wird erzeugt, indem das sogenannte Myosinköpfchen am Aktin bindet und dann einen Kraftschlag vollführt, der sich mit der Bewegung eines Ruders vergleichen lässt.
Omecamtiv stabilisiert die Bindung zwischen und Aktin- und Myosin-Molekül. Dadurch wird die Dauer der Ruderbewegung verlängert. Dies ist ein Unterschied zu den bekannten positiv inotropen Wirkstoffen, die durch Freisetzung von Kalzium oder Erhöhung der Herzfrequenz die Ruderbewegung beschleunigen, was eine Schädigung des kontraktilen Apparats zur Folge haben kann. Die Wirkung von Omecamtiv könnte auf Dauer schonender sein.
Während andere positiv inotrope Wirkstoffe die Systole verkürzen, wird sie durch Omecamtiv verlängert. Dies hat theoretische Vorteile, weil die Energievorräte (ATP) besser ausgenutzt werden. Ein Nachteil könnte in der Verkürzung der Diastole liegen. Da in dieser Phase die Koronararterien mit frischem Blut versorgt werden, könnte Omecamtiv die Durchblutung des Herzmuskels und damit die Energieversorgung für den kontraktilen Apparat gefährden. So weit die Theorie.
Die praktische Wirkung wurde – nach dem erfolgreichen Abschluss der tierexperimentellen Studien versteht sich – zunächst an 34 gesunden Männern untersucht. Die Probanden wurden über 4 Wochen mit Omecamtiv in drei verschiedenen Dosierungen oder Placebo behandelt.
Wie John Teerlink vom San Francisco Veterans Affairs Medical Center in San Francisco und Mitarbeiter im Lancet (2011; 378: 667-675) berichten, wurden Dosierungen bis zu 0,5 mg/kg pro Stunde des intravenös zu applizierenden Mittels toleriert. Dabei kam es zu der erhofften Steigerung von Schlagvolumen und linksventrikulärer Ejektionsfraktion, so dass eine erste klinische Studie an Patienten mit einer Herzinsuffizienz gewagt wurde.
In dieser Phase-II-Studie wurden an der Universität Hull in England 45 Patienten mit einer stabilen, aber behandlungsbedürftigen Herzinsuffizienz behandelt. Sie erhielten insgesamt 151 Infusionen Omecamtiv in unterschiedlicher Dosierung. Wie die Gruppe um John Cleland im Lancet (2011; 378: 676-683) berichtet, kam es zu einer dosisabhängigen Steigerung von Schlagvolumen und Pumpleistung.
Die Verlängerung der Systole hatte bei zwei Patienten jedoch die befürchtete Ischämie zur Folge. Sie könnte den klinischen Nutzen des künftigen Medikaments einschränken, zumal bei vielen Patienten die Herzinsuffizienz Spätfolge früherer Herzinfarkte ist, wie der Editorialist Kenneth Dickstein von der Universität Bergen zu bedenken gibt. Ob die neue Wirkstoffgruppe der Myosin-Aktivatoren die Klinik erreicht, wird von den Ergebnissen weiterer klinischer Studien abhängen.
Das Register Clinicaltrials.gov verzeichnet eine größere Studie mit 600 Patienten mit akutem Herzversagen, die derzeit in Nordamerika, Australien und Europa, allerdings ohne deutsche Beteiligung, durchgeführt wird. Zu den Ausschlusskriterien zählt ein akutes Koronarsyndrom.
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