Medizin

Herzstillstand: Milde Hypothermie in US-Studie ohne Wirkung

  • Montag, 18. November 2013
Uploaded: 18.11.2013 18:58:47 by mis
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Seattle – Die therapeutische Hypothermie, eine seit zehn Jahren empfohlene Maßnahme bei Patienten, die nach einem Herzstillstand erfolgreich reanimiert wurden, hat in einer randomisierten klinischen Studie im US-amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2013; doi:10.1001/jama.2013.282173) die erhoffte Wirkung nicht erzielt.

Das International Liaison Committee on Resuscitation (ILCOR) empfiehlt seit 2003, nach Herzstillstand reanimierte Patienten für 12 bis 24 Stunden auf 32 bis 34 Grad Celsius Körperkerntemperatur abzukühlen. Dadurch soll die Erholung des Gehirns, das unter der zeitweisen Unterbrechung der Sauerstoffzufuhr am meisten leidet, unterstützt werden.

Als Evidenz wurden zwei 2002 veröffentlichte Studien aus Australien und Österreich angeführt, in denen die therapeutische Hypothermie den Anteil der Patienten, die später mit einem günstigen neurologischen Ergebnis die Klinik verlassen konnten, deutlich gesteigert wurde. In den beiden Studien war die Körpertemperatur durch Eisbeutel oder eine Kühlmatte gesenkt worden. Das Team um Francis Kim vom Harborview Medical Center in Seattle entschied sich in seiner aktuellen Studie für eine intravenöse Kühlung. Den Patienten wurde bis zu 2 Liter einer 4 Grad Celsius kalten Kochsalzlösung infundiert.

Ob dies der Grund für den negativen Ausgang war, dürfte jetzt Gegenstand von Diskussionen unter Notfallmedizinern sein. Denn anders als seine Kollegen aus Australien und Österreich konnte Kim keine positive Wirkung feststellen. Von den Patienten, die nach Kammerflimmern reanimiert wurden, konnten mit therapeutischer Hypothermie 62,7 Prozent später lebend aus der Klinik entlassen werden, ohne therapeutische Hypothermie waren es 64,3 Prozent. Auch in der Gruppe der Patienten, die bei Eintreffen der Sanitäter asystolisch waren oder nur eine pulslose elektrische Herztätigkeit zeigten, gab es keine Vorteile: Es überlebten 19,2 Prozent der thera­peutisch abgekühlten Patienten gegenüber 16,3 Prozent in der Kontrollgruppe.

Die Unterschiede zwischen den beiden Gruppen waren statistisch nicht signifikant. Dabei hatte die US-Studie mit 1.359 Patienten – davon 583 mit Kammerflimmern und 776 mit Asystolie oder ohne erkennbaren Puls – vor der Reanimation – dreimal so viele Teilnehmer wie die beiden vorangegangenen Studien zusammen.

Signifikant war dagegen die Rate von Komplikationen: Unter der Abkühlung kam es bei 26 Prozent der Patienten zu einem erneuten Herzstillstand, in der Kontrollgruppe war dies nur bei 21 Prozent der Fall. Auch der Anteil der Patienten, die bei der ersten Röntgenaufnahme in der Klinik ein Lungenödem zeigten, war deutlich höher (41 versus 30 Prozent) und die arteriellen Blutgaswerte waren schlechter, wie Christopher Granger vom Duke Clinical Research Institute in Durham/North Carolina im Editorial hervorhebt.

Da es neben der Art der Kühlung noch andere Unterschiede gab – die erreichte Körperkerntemperatur war in der US-Studie höher – dürfte die randomisierte Studie nicht unmittelbar zu einer Änderung der Leitlinien führen. Granger gibt aber zu bedenken, dass eine effektiv organisierte Notfallversorgung der entscheidende Faktor für das Überleben der Patienten ist.

Die Unterschiede sind in den USA sehr groß. In Seattle hat ein Patient, der außerhalb der Klinik ein Kammerflimmern erleidet, eine fünfmal höhere Überlebenschance als ein Patient aus einer ländlichen Region in Alabama.

rme

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