Medizin

HIV: Samenflüssigkeit verhindert Wirkung von Vaginal-Gel

  • Freitag, 14. November 2014
Uploaded: 15.03.2013 13:04:39 by mis
CDC

Ulm – Die Diskrepanz zwischen der guten Wirkung von Mikrobiziden im Labor gegenüber den enttäuschenden Ergebnissen klinischer Studien zu Vaginal-Gelen ist möglicherweise auf die Anwesenheit von Samenflüssigkeit bei der Anwendung zurückzuführen, wie Studienergebnisse in Science Translational Medicine (2014; 6: 262ra1572014) zeigen.

Mikrobizide Vaginal-Gele wurden entwickelt, um in Hoch-Endemie-Ländern Frauen einen Selbstschutz vor einer HIV-Infektion zu ermöglichen, wenn ihre Sexualpartner kein Kondom benutzen. Zum Einsatz kamen Vaginal-Gele mit Tenofovir oder anderen antiretroviralen Substanzen, die sich zuvor in in vitro-Experimenten als äußerst effektiv erwiesen hatten. In klinischen Studien wurde das Infektionsrisiko dann jedoch kaum gesenkt.

Ein Grund war die niedrige Akzeptanz, die die Autoren der VOICE-Studie im letzten Jahr auf der Conference on Retroviruses and Opportunistic Infections (CROI) beklagten. Ein weiterer Grund könnte jedoch in der Zusammensetzung des männlichen Ejakulats liegen, die nach Ansicht eines Forschungsteams um Prof. Jan Münch von der Universität Ulm in den Laborversuchen nicht richtig abgebildet wurde.

Die Forscher wiederholten die in vitro-Studien mit unterschiedlichen Mikrobiziden. Anders als in den ursprünglichen Versuchen versetzten sie die Petrischalen aber mit Samen­flüssigkeit. Sie enthält neben den Spermien auch die Sekrete von Prostata und Samenbläschen. Dabei bilden sich in der Samenflüssigkeit stäbchenartige Amyloidfi­brillen, die die Ulmer Forscher erst kürzlich entdeckt hatten. Ihre genaue Funktion ist nicht bekannt. Bei HIV-Infizierten steigern sie jedoch die Infektiosität, wie das Team kürzlich in Nature Communications (2014; doi:10.1038/ncomms4508) zeigen konnte.

Die jetzt publizierten Ergebnisse zeigen, dass die Amyloidfibrillen auch die Wirksamkeit der Mikrobizide herabsetzen. Wurde den Petri-Schalen Samenflüssigkeit zugesetzt, verminderte sich die abtötende Wirkung um fast das 20-fache. Eine Samenflüssigkeit ohne die Fibrillen tötete die Viren dagegen ab. Aus den Ergebnissen ergeben sich für Prof. Münch zwei Konsequenzen. Zum einen könnte nach Wirkstoffen gesucht werden, die die Amyloidfibrillen in der Samenflüssigkeit abbauen oder deren Bildung verhindern. Zum anderen scheint aber zumindest eine antiretrovirale Substanz zu geben, deren Wirkung durch die Amyloidfibrillen nicht behindert wird.

Dies war in den Experimenten mit Maraviroc der Fall. Ein Grund könnte der besondere Wirkungsmechanismus des Mittels sein. Während die meisten anderen antiretroviralen Substanzen die Replikation der Viren unterdrücken, verhindert Maraviroc als dem CCR5-Corezeptor-Antagonisten den Eintritt der Viren in die Zelle.

rme

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