Medizin

HIV: Vaginale Bakterien beeinflussen Infektionsrisiko

  • Mittwoch, 11. Januar 2017

Boston – Junge Frauen aus einer Hochendemieregion in Südafrika hatten in einer prospektiven Kohortenstudie ein vierfach erhöhtes Risiko auf eine HIV-Infektion, wenn ihre Vaginalflora keine Milchsäurebakterien enthielt. Die Forscher führen dies in Immunity (2017; doi: 10.1016/j.immuni.2016.12.013) auf eine deutlich erhöhte Entzündungsreaktion in der Vaginalschleimhaut zurück, die die Konzentration der CD4-Zellen erhöhte, die das Ziel der HI-Viren sind.

Anders als in den USA und Europa sind in Afrika südlich der Sahara Frauen deutlich häufiger (achtmal) mit HIV infiziert als Männer. Die Ursachen sind vermutlich viel­schichtig, eine Störung der Vaginalflora könnte jedoch eine Rolle spielen. Ein Team um Douglas Kwon vom Ragon Institute in Boston konnte Vaginalsekrete von 236 jungen HIV-negativen Frauen untersuchen, die an der „Females Rising through Education, Support and Health“-Studie teilnahmen. Dort wurde versucht, die Frauen durch soziale Hilfen vor einer HIV-Infektion zu schützen. Dies gelang nur teilweise. Innerhalb eines Jahres infizierten sich 31 neu mit dem HI-Virus.

Kwon verglich die Vaginalflora der infizierten und nicht-infizierten Frauen. Fast 90 Prozent hatten eine (zumindest aus westlicher Sicht) ungesunde Flora mit einem Mangel an Lactobacillus-Bakterien. Deren Nische hatte eine Vielzahl anderer Bakterien besetzt. Diese hoch-diverse Flora war auch nach Berücksichtigung demografischer Faktoren, Kondombenutzung, Sexualverhalten und Anzahl der Sexualpartner mit einem etwa vierfach erhöhten Risiko auf eine HIV-Infektion verbunden.

Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Vaginalschleimhaut bei einem Mangel an Milchsäurebakterien bei vielen Frauen entzündet war. Auch die Zahl der CD4-Zellen war erhöht. Die gleiche Entzündung konnten die Forscher durch eine Übertragung der Vaginalskrete auf steril gehaltene Mäuse übertragen.

Da die CD4-Zellen das Ziel der HI-Viren sind, liefern die Befunde eine plausible Erklärung für das erhöhte Infektionsrisiko. Unklar ist, warum bei vielen südafrikanischen Frauen die Vaginalflora arm an Milchsäurebakterien ist. Neben der Ernährung, dem Sexualverhalten, der Wahl der Empfängnisverhütungsmethoden und der Hygiene könnte es laut Kwon auch genetische Ursachen geben.

Es gebe derzeit auch keine nachgewiesenermaßen wirksame Strategie, die Vaginalflora zu verändern, und ob dies tatsächlich das Infektionsrisiko senkt, müsste erst noch untersucht werden.

rme

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