Hodenhochstand: Empfohlene Operationen finden zu spät statt
Köln – Bei neugeborenen Jungen ist ein Hodenhochstand häufig, normalisiert sich jedoch meistens spontan in den ersten sechs Lebensmonaten. Doch bei einem von hundert Kindern bleibt der sogenannte Maldescensus testis, was im späteren Alter zu Fruchtbarkeitsstörungen und einem höheren Hodenkrebsrisiko führt. In Deutschland betrifft dies circa 3.500 Kinder pro Jahr.
Die medizinische Leitlinie zur Behandlung von Hodenhochstand empfiehlt eine frühzeitige Operation – eine Orchidopexie der betroffenen Jungen bis zum 12. Lebensmonat, um die Spätfolgen zu vermeiden. Doch die meisten Patienten werden trotz dieser Empfehlung viel zu spät behandelt, wie Georg Hrivatakis und seine Koautoren in einer aktuellen Studie im Deutschen Ärzteblatt (Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 649-57) zeigen. Nur jeder fünfte Betroffene wird in seinem ersten Lebensjahr operiert. Bei mehr als der Hälfte der Jungen mit Hodenhochstand findet die Behandlung erst nach ihrem zweiten Geburtstag statt.
Die Mediziner weisen allerdings darauf hin, dass auch in anderen Ländern die Leitlinienempfehlung ähnlich gering umgesetzt wird wie in Deutschland. Sie vermuten, dass Vorbehalte, ein Kleinkind zu operieren, die Therapie unnötig verzögern. Vergleicht man die Daten von vor acht Jahren, zeigt sich trotz allem eine leichte Verbesserung der Behandlung von Hodenhochstand, wie die Autoren feststellen.
Die Tendenz „liegt aber insgesamt noch deutlich zu niedrig“, so die Kinder- und Jugendmediziner Kai O. Hensel und Stefan Wirth in einem Editorial (Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 647-8). Sie betonten, dass „die Behandlung von Jungen mit einem Hodenhochstand weiter optimiert werden muss.“ Die behandelten Ärzte und die Eltern der betroffenen Kinder sollten regelmäßig über die Folgen des Hodenhochstands und dem Vorteil einer frühen Operation informiert werden.
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