Hohe Schilddrüsenwerte erhöhen Risiko auf plötzlichen Herztod
Rotterdam – Hohe Blutkonzentrationen des freien Thyroxins waren in einer prospektiven Beobachtungsstudie mit einem deutlich erhöhten Risiko auf einen plötzlichen Herztod assoziiert. Die Autoren warnen in Circulation (2016; doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.115.020789) vor einer Überbehandlung der Hypothyreose.
Zu den Wirkungen von Schilddrüsenhormonen gehört eine Beschleunigung des Herzschlags, und Patienten mit Hyperthyreose haben ein erhöhtes Risiko auf Herzrhythmusstörungen. In den meisten Fällen bleibt es bei einem Vorhofflimmern. Ventrikuläre Herzrhythmusstörungen sind jedoch nicht auszuschließen.
Damit stellt sich die Frage, ob hohe Thyroxinwerte einen plötzlichen Herzstillstand auslösen könnten. Die Epidemiologin Layal Chaker von der Erasmus Universität in Rotterdam hat deshalb die Daten aller Teilnehmer der Rotterdam Studie ausgewertet, die über 45 Jahre alt waren und bei denen das freie Thyroxin (FT4) bestimmt wurde. Ihre Analyse umfasst die Daten von 10.318 Personen, die über einen mittleren Zeitpunkt von 9,1 Jahren beobachtet wurden. In dieser Zeit starben 261 Teilnehmer an einem plötzlichen Herztod.
Chaker setzte die Todesfälle mit den FT4-Werten in Beziehung. Dabei zeigt sich, dass eine höhere FT4-Konzentration selbst im oberen Normalbereich mit einem erhöhten Risiko auf einen plötzlichen Herztod verbunden war. Die Hazard Ratio betrug 2,28 für jeden Anstieg des FT4-Wertes um 1 ng/dl. Bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,31 bis 3,97 war die Assoziation signifikant.
Weil der plötzliche Herztod häufig ist – auf ihn entfällt mehr als die Hälfte aller Herz-Kreislauf-Todesfälle – wären die Auswirkungen auf das individuelle Sterberisiko beträchtlich. Personen mit niedrigen FT4-Konzentrationen hatten in der Rotterdam Study ein Zehnjahresrisiko von 1 Prozent, an einem plötzlichen Herztod zu sterben. Bei Teilnehmern mit erhöhten FT4-Konzentrationen stieg das absolute Risiko auf 4 Prozent. Dies trifft laut Chaker auch auf FT4-Konzentrationen zu, die als euthyreot eingestuft werden.
Die Forscherin weist darauf hin, dass bei der Substitutionsbehandlung häufig Hormonkonzentrationen im oberen normalen Bereich angestrebt werden. Dies könnte bereits eine Übertherapie sein, die das Leben der Patienten bedroht, so Chaker. Eine kontroverse Indikation zur Hormonsubstitution ist die subklinische Hypothyreose, also ein leichter Schilddrüsenhormon-Mangel, der noch keine Symptome auslöst.
Zu den Motiven, die für eine Behandlung angeführt werden, zählt hier übrigens ein erhöhtes Risiko auf eine koronare Herzkrankheit. Und als Argument wird eine andere Analyse der Rotterdam-Studie angeführt. Danach haben ältere Frauen mit einer subklinischen Hypothyreose ein erhöhtes Herzinfarktrisiko (Annals of Internal Medicine 2000; 132: 270-8). Klären ließe sich der Einfluss der Therapie auf kardiovaskuläre Endpunkte nur durch eine größere randomisierte Interventionsstudie.
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