Hospiz-Stiftung wirft Kusch mangelndes Unrechtsbewusstsein vor
Dortmund – Nach Bekanntwerden eines vierten Falls von Sterbehilfe durch den früheren Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat die Deutsche Hospiz Stiftung diesem mangelndes Unrechtsbewusstsein vorgeworfen. Sein Handeln lasse keine objektiven Maßstäbe erkennen, sagte Stiftungs-Vorstand Eugen Brysch am Sonntag in Dortmund. Die vier Menschen, denen Kusch beim Suizid geholfen habe, hätten zum Teil nicht nur unter körperlichen Beschwerden, sondern wie viele andere Menschen nur unter der Angst vor Pflege gelitten.
Gegen Kusch ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetzes. Am Donnerstag voriger Woche hatte sie dessen Hamburger Wohnung, sein Anwaltsbüro, das auch als Sitz des Vereins „Dr. Roger Kusch Sterbehilfe“ fungiert, sowie eine Nebenwohnung in Stuttgart untersucht. Nach Untersuchungen der Rechtsmedizin starb eine 84-jährige Rentnerin, die Kusch nach eigenen Angaben beim Selbstmord unterstützt hatte, im September in Hamburg an einer Überdosis eines Malaria-Medikamentes. Äußerlich sei sie unversehrt gewesen.
Nach den Worten Bryschs vermittelt Kusch den Eindruck, dass er von einer ähnlichen Motivation geleitet werde wie sogenannte Todesengel. Diese hätten ein diffuses Bild von unerträglichem Leiden, von dem Menschen erlöst werden müssten. Der Stiftungs-Vorstand forderte die Politik auf, die Kommerzialisierung der Sterbehilfe zu verbieten: „Es darf keinen Tod aus den Gelben Seiten geben.“ Derzeit führe Kusch die Politik wie ein Bär am Nasenring vor. Ende Juni machte Kusch erstmals einen Fall von ihm geleisteter Beihilfe zum Suizid öffentlich.
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach hat eine rasches gesetzliches Verbot gewerblicher Förderung der Selbsttötung gefordert und den Kurs der SPD kritisiert. Die Strafbarkeit dürfe nicht nur für Vereinigungen gelten, sondern müsse auch bei Einzeltätern greifen, erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion am Montag in Berlin. Das zeige das Vorgehen des früheren Hamburger Justizsenators Roger Kusch.
Bosbach warf der SPD vor, eine gesetzliche Verbotsregelung zu blockieren. Seit mehr als zwei Jahren hielten die Sozialdemokraten im Bundesrat eine Initiative der Länder Saarland, Thüringen und Hessen auf, die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen. Auch die SPD im Bundestag solle sich entsprechend engagieren.
Bosbach begrüßte es, wenn die Staatsanwaltschaften die Durchsetzung des geltenden Rechts konsequent in Angriff nähmen. Ermittlungen wegen eines Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz, wie sie derzeit laufen, würden den Taten aber nicht gerecht. „Der Staat darf sich nicht von Leuten, die aus der Lebensangst von Menschen ein Geschäft machen, auf der Nase herumtanzen lassen“, sagte der CDU-Politiker, der Kuschs Handeln für unerträglich hält.
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