Humaner Pathologie-Atlas zeigt genetische Risiken von 17 Krebsarten

Göteborg – Schwedische Forscher haben einen „Human Pathology Atlas“ im Internet veröffentlicht, der den Einfluss von fast 20.000 Genen auf die Prognose von Patienten mit 17 verschiedenen Krebsarten angibt. Laut einer Begleitpublikation in Science (2017; doi: 10.1126/science.aan2507) wurden mehr als 900.000 Kaplan-Meier-Überlebenskurven erstellt.
Verschiedene Projekte, allen voran der Cancer Genome Atlas (TCGA) der US-National Institutes of Health, haben in den letzten Jahren das Erbgut von Krebszellen analysiert und dabei insbesondere den Einfluss von jenen 19.571 Genen untersucht, die Informationen für Proteine enthalten. Die Ergebnisse von Genomanalysen sind für Ärzte, die sich nicht intensiver mit dem Thema beschäftigt haben, nur schwer zu interpretieren. Ein Grund ist das Fehlen der vertrauten Kaplan-Meier-Überlebenskurven, die auf anschauliche Weise den Einfluss bestimmter Faktoren, hier der Expression von Genen, auf die Prognose der Patienten anzeigen.
Das „SciLifeLab“ in Göteborg, ein gemeinsames Projekt von vier schwedischen Forschungszentren (Karolinska Institut, Königliche Technische Hochschule und die Universitäten Stockholm und Uppsala), hat diese Arbeit dankenswerterweise übernommen, genauer die leistungsstarken Rechner, die die Daten von 2,5 Petabyte verarbeitet haben.
Die Ergebnisse wurden jetzt im Internet unter www.proteinatlas.org/pathology publiziert. Der „Human Pathology Atlas“ enthält laut dem „SciLifeLab“-Team um Mathias Uhlen mehr als 900.000 Kaplan-Meier-Überlebenskurven sowie mehr als 5 Millionen Aufnahmen von Gewebeschnitten zu 17 Krebsarten, die 9.666 Patienten entnommen wurden. Die Datenflut ist kaum zu überblicken. Ein Muster zeichnet sich jedoch ab. Gene, die das Zellwachstum beeinflussen, waren in der Regel mit einem kürzeren Patientenüberleben assoziiert. Gene, die an der zellulären Differenzierung beteiligt sind, zeigten eher eine günstige Prognose des Tumors an.
Es gibt Verwandtschaften zwischen verschiedenen Tumoren, etwa zwischen Plattenepithelkarzinomen von Urogenitaltrakt und Lunge, oder zwischen den verschiedenen Adenokarzinomen des Gastrointestinaltraktes. Leberkrebs fällt durch einen ungewöhnlich hohen Anteil prognostisch ungünstiger Gene auf.
Netzwerk-Analysen zeigen eine gewisse, aber ungenaue Übereinstimmung mit Genen der „Hallmarks of Cancer“, den sechs, später acht zentralen genetischen Merkmalen von Krebserkrankungen, die eine Gruppe von Krebsforschern im Jahr 2000 postuliert hatte. Ihre in Cell veröffentlichte Publikation gilt als die meistgelesene wissenschaftliche Arbeit zur Krebsgenetik der letzten Jahre.
Die Forscher haben den Nutzen des Pathologie-Atlanten für zwei Krebsarten (Lungen- und Darmkrebs) näher untersucht. Für beide Gruppen wurden einige prognostische Gene identifiziert. Ihr Nachweis in immunhistochemischen Untersuchungen könnte genutzt werden, um die Prognose einzelner Patienten besser einzuschätzen, schreibt Uhlen.
Dennoch scheint der klinische Nutzen der Human Pathology Atlas vorerst gering zu sein. So gibt es kaum Daten zum Einfluss der Therapie auf die Prognose der mit den Risiko-Genen identifizierten Tumorvarianten. Außerdem lässt der Endpunkt Gesamtsterblichkeit offen, ob die Patienten am Krebs oder an anderen Ursachen gestorben sind.
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