Hypertonie und Demenz als Autoimmunerkrankung?
Berlin – Antikörper, die in den Blutgefäßen die alpha-adrenergen Rezeptoren stimulieren, können nach tierexperimentellen Studien in PloS ONE (2012; doi: 10.1371/journal.pone.0041602) im Gehirn schwere Durchblutungsstörungen auslösen. Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch halten es für möglich, dass diese Auto-Antikörper an der Entstehung von Demenzerkrankungen beteiligt sind. Den Beweis sollen klinische Studien liefern.
Agonistische Autoantikörper sind in den letzten Jahren bei einer Reihe von Erkrankungen wie arterielle Hypertonie oder Typ-2-Diabetes gefunden worden. Auch bei der Entstehung der vaskulären Demenz und des Morbus Alzheimer könnten sie nach Ansicht von Marion Bimmler vom MDC eine Rolle spielen. Der Nachweis der Antikörper allein beweist dies allerdings nicht.
Zusammen mit Peter Karczewski von der Biotechfirma E.R.D.E.-AAK-Diagnostik in Berlin-Buch hat Bimmler deshalb Experimente an Ratten durchgeführt. Die Forscher lösten bei den Tieren gezielt eine Autoimmunreaktion gegen alpha-adrenerge Rezeptoren aus oder behandelten sie mit den Antikörpern. Kernspintomographische Aufnahmen, die das Team drei und acht Monate später aufgenommen hat, zeigen, dass es im Gehirn der Tiere tatsächlich zu deutlichen Durchblutungsstörungen gekommen ist.
Die Dauerstimulation der alpha-adrenergen Rezeptoren erhöhe die Konzentration von Kalziumionen in der Zelle, schreibt das Team. Dadurch würden sich die Gefäßwände verdicken, und die Durchblutung des Gehirns sei gestört.
Als Therapie schlägt das Team eine Art Blutwäsche vor. Mittels Immunabsorption könnten die Autoantikörper aus dem Serum entfernt werden. Vor vier Jahren hatte ein anderes Team um Karczewski dies bereits an 41 Patienten mit essenzieller Hypertonie erprobt. Mit Erfolg, wie die Forscher damals in PLoS ONE (2012; 3: e3742) berichteten. Eine Bestätigung durch eine randomisierte Studie steht allerdings noch aus.
Jetzt wird nach Auskunft der Autoren in einer ersten klinischen Studie eine kleine Zahl von Patienten mit Alzheimer oder vaskulärer Demenz behandelt. Auch bei diesen Patienten werden die Autoantikörper aus dem Blut entfernt. In einem Beobachtungszeitraum von bisher 6 und 12 Monaten soll es bei den Patienten zu einem Anstieg der Gedächtnisleistungen gekommen sein. Auch die Fähigkeiten, ihren Alltag zu bewältigen, hätten sich verbessert, berichten die Forscher in ihrer Pressemitteilung.
Im Gegensatz dazu hätte sich der Zustand der nicht behandelten Patienten, die weiterhin Autoantikörper im Blut hatten, im gleichen Zeitraum dramatisch verschlechtert. Jetzt seien weitere klinische Studien mit größeren Patientenzahlen geplant. In der Publikation selbst werden die Ergebnisse nicht erwähnt.
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