Hypertrophe Kardiomyopathie: Myosin-Inhibitor mindert Remodeling

San Francisco – Ein neuartiger Myosin-Inhibitor kann bei der hypertrophen Kardiomyopathie, einer Reihe von zumeist genetisch bedingten Erkrankungen, den pathologischen Umbau des Herzmuskels verhindern, der als Remodeling bezeichnet wird. Dies zeigen tierexperimentelle Ergebnisse in Science (2016; 351: 617-621), die bereits erste klinische Studien veranlasst haben.
Für die hypertrophe Kardiomyopathie, deren Ursache vor 1990 gänzlich unbekannt war, wurden inzwischen mehr als 300 unterschiedliche Mutationen gefunden. Die meisten beeinflussen die Effektivität des motorischen Apparats in den Herzmuskelzellen. Er wird im Kern aus den fadenförmigen Proteinen Myosin und Aktin gebildet, wobei die Bewegung der Myosin-Köpfchen die treibende Kraft ist.
Die Forschung ging lange davon aus, dass die Mutationen den Aktin-Myosin-Motor strukturell schwächen. Neuere Untersuchungen zeigen dagegen, dass die Motorleistung durch die Mutationen eher gesteigert wird. Das Remodeling scheint Folge einer ständigen „Überdrehung“ des Motors mit einem exzessiven Brennstoffverbrauch (sprich ATP-Utilisation) zu sein. Der Physiologe David Washaw von der Universität von Vermont in Burlington, der die Zusammenhänge vor einigen Jahren entdeckt hat, vergleicht die Situation mit einem Formel 1-Motor, der in einen normalen PKW eingebaut wurde und mit der Zeit das Fahrgestell ruiniert.
Diese Erkenntnisse haben zur Entwicklung eines neuartigen Wirkstoffs geführt: MYK-461 hemmt als allosterischer Modulator die Leistung des Myosin-Aktin-Motors. Der Myosin-Inhibitor verminderte in den jetzt veröffentlichten präklinischen Untersuchungen die ATP-Utilisation, was sich günstig auf die Entwicklung der hypertrophen Kardiomyopathie auswirkte. Die Experimente wurden an Mäusen durchgeführt, denen eine der beim Menschen auslösende Mutation ins Erbgut geschrieben wurde.
Ein Team um Christine Seidman von der Harvard Universität in Boston hat zusammen mit Forschern der Firma Myokardia aus San Francisco, die die klinische Entwicklung des Mittels betreibt, MYK-461 zunächst an jungen Mäusen getestet, die noch keine strukturellen Veränderungen aufwiesen. MYK-461 konnte hier eine Fibrose und eine Störung in der gleichmäßigen Anordnung der Herzmuskelfasern verhindern, die charakteristisch für die Erkrankung sind.
Bei älteren Tieren, die bereits strukturelle Veränderungen im Herzmuskel aufwiesen, waren die Ergebnisse erwartungsgemäß schwächer ausgeprägt. Der Hersteller hat bereits mit ersten klinischen Studien begonnen, die naturgemäß an gesunden Probanden erfolgen. Das Mittel scheint eine selektive Wirkung auf den Herzmuskel zu haben und die Skelettmuskulatur nicht zu schädigen.
Sofern MYK-461 die klinische Prüfung besteht, dürfte das Einsatzgebiet im Frühstadium der Erkrankung liegen. Den größten Nutzen hätten vermutlich Träger der auslösenden Mutationen, deren Herzmuskel noch nicht vom Remodeling betroffen ist. Diese Personen zu finden, dürfte ohne ein Screening allerdings kaum möglich sein.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: