Medizin

Hypoxie als relevanter Risikofaktor bei chronischen Nierenerkrankungen

  • Montag, 5. Juni 2023
/amazing studio, stock.adobe.com
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Erlangen – Bei Menschen mit APOL1-Nephropatie ist Hypoxie in den Nierenzellen ein weiterer Risikofaktor, der die Krankheitsprogression beschleunigen kann. HIF-Prolylhydroxylase-Inhibitoren zur Behandlung von chronischer Niereninsuffizienz weisen hypoxieähnliche Effekte auf, so dass Träger von APOL1-Genvarianten nur mit Vorsicht damit behandelt werden sollten (Kidney International 2023; DOI: 10.1016/j.kint.2023.03.035).

Bekannte Risikofaktoren für die Entwicklung einer chronischen Nierenerkrankung sind Diabetes, Bluthochdruck und Herzinsuffizienz. Die Ethnie ist spielt auch eine Rolle: Menschen mit afrikanischer Herkunft haben zum Beispiel gegenüber Kaukasiern ein vierfach erhöhtes Risiko für die Entstehung einer chronischen Nierenerkrankung.

Genomweite Analysen identifizierten 2 Varianten des Apolipoprotein-1-Gens (APOL1) auf dem Chromosom 22, die mit häufigerem Auftreten und aggressiveren Verlauf zum Beispiel bei Menschen mit afrikanischer Herkunft in Verbindung gebracht wurden. Werden diese Genvarianten in den Nierenzellen exprimiert, führt das zum Fortschreiten von Nierenerkrankungen, der sogenannten APOL1-Nephropatie.

Begleitfaktoren wie Virusinfektionen, beeinflussen den Verlauf einer Nierenerkrankung bei Patienten mit Risikovarianten und begünstigen die Entwicklung einer APOL1-Nephropatie. Als weiteren Risikofaktor wurde nun Hypoxie (Sauerstoffmangel) z.B. bei Blutarmut oder im Rahmen eines akuten Nierenversagens identifiziert. Hypoxie regt die Genexpression von APOL1 als auch von den krankmachenden Varianten in Nierenzellen an, was die Entwicklung chronischer Nierenerkrankungen beschleunigen kann.

Hypoxie-induzierbaren Transkriptionsfaktoren (HIF), die die Expression des APOL1-Gens steuern, werden allerdings auch durch neue Medikamente für Menschen mit chronischer Niereninsuffizienz und renaler Anämie aktiviert.

In der aktuellen Arbeit wurden HIF in Zell-Kultur-Experimenten sowohl durch Hypoxie als auch durch HIF-Prolylhydroxylase-Inhibitoren (z.B. Dimethyloxalylglycin (DMOG)) in Podozyten und tubulären Zellen aktiviert. Beide Faktoren können somit als wichtige Modulatoren bei APOL1-Nephropathie von Bedeutung sein. Allerdings sind noch weitere Untersuchung zu den Interaktionen von HIF und APOL1 in Nierenzellen erforderlich, geben die Studienautoren zu bedenken.

Die aktuellen Daten lassen die Vermutung zu, eine Behandlung mit HIF-Stabilisatoren zur Erhöhung der APOL1-Expression beiträgt. Daher sollten HIF-stabilisierende Medikamente bei Menschen mit Risiko-Genvarianten des APOL1-Gens, zunächst mit Vorsicht eingesetzt werden, so der Rat der in Studienautoren.

Die Studienautoren empfehlen zum Beispiel die glomeruläre Filtrationsrate bei Menschen mit bekannten APOL1-Risikovarianten, die mit HIF-Stabilisatoren behandelt werden, unter Beobachtung zu halten. Bedeutsam ist außerdem, dass andere Reize, wie Infektionen z. B. über den Signalweg der Interferone, die HIF-induzierte Expression von APOL1 zusätzlich verstärken können, betonen die Wissenschaftler.

cw

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