Politik

Impfregister und Impfplicht bestimmen weiter die Debatte

  • Dienstag, 28. Dezember 2021
/Rene Wechsler, stock.adobe.com
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Berlin – Um ein geplantes Impfregister für SARS-CoV-2, das sich derzeit in der Prüfung befindet, und auch zur allgemeinen Impfpflicht und eventuelle Sanktionen läuft die Debatte weiter. Gegner und Befür­worter tauschen weiter ihre Argumente aus.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) steht der Einführung eines nationalen Impfregisters im Zuge einer möglichen Corona-Impfpflicht skeptisch gegenüber. „Bei nationalen Registern, die Daten über die gesamte Bevölkerung speichern, bin ich stets zurückhaltend“, sagte Buschmann der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Befürworter eines solchen Registers argumentieren, dass eine effektive Kontrolle einer Impfpflicht auf andere Weise kaum möglich wäre. Dem widersprach Buschmann: „Der Staat kann und soll gar nicht je­den und alles jederzeit kontrollieren.“ Er sprach sich für stichprobenartige Kontrollen von Nachweisen aus, wie es sie etwa jetzt auch bei der 3G-Regel im Bahnverkehr gebe.

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber, bezeichnete die Einführung eines nationalen Impfregisters unterdessen als machbar. Datenschutzrechtlich unmöglich sei ein nationales Impfregister nicht, sagte Kelber den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Allerdings müsse die Politik „dringend zuerst ganz konkret die Ziele benennen, die sie erreichen will, da­mit man beurteilen kann, ob dafür ein zentrales Impfregister notwendig ist oder andere Maßnahmen ausreichen oder sogar besser geeignet sind“.

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hat sich gegen eine allgemeine Impfpflicht und die anhaltenden politischen Debatten darüber ausgesprochen. „Besser, als jetzt ein großes, unbeherrschbares Rad zum Thema Impfpflicht und Impfregister zu drehen, wäre es, alle Anstrengungen aufs Impfen und Boostern zu richten“, so Gassen zur Neuen Osnabrücker Zeitung.

Die KBV halte „die zeitnahe Erstellung eines zentralen Registers zur Vorbereitung einer möglichen Coro­na­impfpflicht für unrealistisch“, betonte Gassen weiter. Der Aufbau würde „Monate, vielleicht auch Jahre dauern“. Hinzu komme, dass man den Leuten nicht ernsthaft eine Impfpflicht auferlegen könne und dann feststelle, dass die Wirkung des Impfstoffes immer nur ein paar Monate hält.

Gassen warnte Bund und Länder daher, an ihren Plänen festzuhalten: „Solange es zu den wesentlichen Fragen keine abschließende Antwort gibt, sollte sich die Politik mit Impfpflichtankündigungen bedeckt halten, sonst werden einerseits unerfüllbare Erwartungen geweckt und andererseits unnötig gesell­schaft­liche Konflikte geschürt.“ Das schnelle Impfen selbst sei wesentlich hilfreicher als alle politischen Debatten, fügte er hinzu.

Der Vorschlag von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU), höhere Krankenkassenbeiträge und andere Sanktionen beim Verstoß gegen eine allgemeine Coronaimpfpflicht einzuführen, stößt auf Kritik von Juristen, Ärzte- und Klinikverbänden sowie mehreren Bundestagsfraktionen.

Bereits gestern hatte sich das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zurückhaltend zu Holetscheks Vorschlag geäußert. Jetzt gehe es erst einmal darum, überhaupt über die allgemeine Impfpflicht zu diskutieren, sagte ein Ministeriumssprecher. Erst im nächsten Schritt solle es dann um mögliche Sanktionen gehen.

Der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hält den Vorstoß für nicht tragfähig. Solch eine Regelung würde indirekt über die „Lebensführung des Versicherten“ bestimm­en, sagte er der Welt. Eine Leistungsverweigerung komme zudem nicht mehr infrage, wenn ein Unge­impf­ter den erhöhten Beitrag einfach nicht zahle und lebensgefährlich erkranke.

Der GKV-Spitzenverband betonte, die Beiträge orientierten sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähig­keit. „Wer an diesem Grundprinzip rüttelt, rüttelt an dem Solidarprinzip insgesamt.“

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, äußerte sich ähnlich. Höhere Kassenbei­träge für Ungeimpfte könnten zwar einige dazu bewegen, sich doch impfen zu lassen, „aber der Preis dafür wäre hoch“. „Die Einführung einer solchen Malusregelung würde das Prinzip der Solidargemein­schaft in der gesetzlichen Krankenversicherung grundlegend verändern, mit möglicherweise weitrei­chen­den Folgen für unser gesellschaftliches Miteinander“, so Reinhardt.

Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), erklärte, es sei „eine der Stärken unseres Systems, dass nicht nach vermeintlicher Schuld gefragt wird. Ich persönlich befürworte gute Auf­klärung, Information und Bonussysteme, die gesundheitsbewusstes Verhalten positiv sanktionieren.“

Auch aus dem Bundestag kommt Kritik an dem Vorschlag aus Bayern: „Diese ganzen kleingeistigen Ra­che­fantasien tragen eher dazu bei, die Akzeptanz für eine allgemeine Impfpflicht zu untergraben“, sagte Linke-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler – auch wenn sie diese Pflicht für sinnvoll und notwendig halte.

SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt forderte, einzelne Gruppen nicht gegeneinander ausspielen und momentan keine „Phantomdebatten über mögliche Sanktionierungen“ zu führen.

kna/dpa

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