Medizin

Impfstoff gegen Heroin könnte Rückfälle verhindern

  • Dienstag, 7. Mai 2013
Uploaded: 07.05.2013 12:08:53 by mis
dpa

La Jolla – Ein experimenteller Heroin-Impfstoff, der auch Antikörper gegen den wichtigsten aktiven Metaboliten induziert, hat in einer präklinischen Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2013, doi: 10.1073/pnas.1219159110) Ratten vor einem Rückfall ihrer Drogensucht bewahrt. Der Impfstoff, der die Wirkung anderer Opiate nicht blockieren soll, ist reif für klinische Studien.

Nach der intravenösen Injektion wird Heroin rasch zu 6-Monoacetylmorphin (6-MAM) und später zu Morphin metabolisiert. 6-MAM besetzt wie Morphin die Opiat-Rezeptoren im Gehirn und ist für die euphorisierende Wirkung mitverantwortlich. Ein Impfstoff, der die Drogensucht stoppen soll, muss deshalb Antikörper gegen Heroin und 6-MAM induzieren. Er sollte aber Morphin oder andere Opiate nicht neutralisieren, da sonst therapeutische Optionen zur Substitutionstherapie oder Schmerzbehandlung versperrt würden.

Dieses Kunststück scheint Forschern des Scripps Research Institute La Jolla/Kalifornien gelungen zu sein. Der dort entwickelte „dynamische“ Impfstoff induziert die Bildung von Antikörpern, die Heroin und 6-MAM noch im Blut binden und damit den Eintritt ins Gehirn verhindern. Die Forscher sprechen von einer „Sequestrierung“. Inzwischen konnte das Team um George Koob die tierexperimentellen Studien abschließen.

Zuletzt wurden Tests an Ratten durchgeführt, die die Situation des abstinenten Heroin­süchtigen nachstellen, der durch den Impfstoff vor einem Rückfall bewahrt werden soll. In einem Experiment durchliefen die Versuchstiere zunächst ein „Extinktionstraining“. Dort lernten sie allmählich, dass das Pressen eines Hebels nicht mehr zu der gewohnten Applikation der Droge führte, die die Tiere in die Abhängigkeit geführt hatte. Nachdem die Tiere entwöhnt waren, wurden sie mit der Heroin-Vakzine geimpft.

Danach erhielten sie wieder Zugang zum Heroin. In der Kontrollgruppe lernten die Tiere schnell, dass die Droge wieder verfügbar war. Die geimpften Tiere dagegen schienen das Interesse am Drogenkonsum verloren zu haben, weil wie Koob vermutet, die euphorisierende Wirkung ausbleibt.

In einem zweiten Experiment durchliefen die süchtigen Tiere einen 30-tägigen „kalten“ Entzug, der das Suchtverhalten in der Regel nicht ändert. Nach einer Scheinimpfung begannen die Tiere denn auch sofort wieder mit dem Drogenkonsum. Die geimpften Ratten blieben dagegen von einem Rückfall verschont.

Die „Sequestrierung“ hat zur Folge, dass die Bindungsstellen im Gehirn weiter für Opiate verfügbar sind, die von den Antikörpern nicht erkannt werden. Eine Schmerztherapie mit Codein oder Oxycodon sei weiter möglich, verspricht der Forscher. Auch eine Methadon-Substitution sollte effektiv sein.

Auch gegen andere Drogen sind derzeit Impfstoffe in der Entwicklung. Vakzine gegen Kokain und Nikotin befinden sich bereits in klinischen Prüfungen, ein Impfstoff gegen Methamphetamin steht kurz davor.

rme

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