Impfstoffe gegen MERS-Coronavirus vor der klinischen Prüfung
München/Bethesda – Die MERS-Epidemie in Korea ist zwar vorüber, die Gefahr ist jedoch nicht gebannt. Weltweit wird deshalb an der Entwicklung eines Impfstoffs gearbeitet. Zwei Forscherteams aus den USA und Deutschland haben ihre tierexperimentellen Studien abgeschlossen und wollen demnächst mit ersten klinischen Studien beginnen.
Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen den Erreger von MERS (Middle East Respiratory Syndrom), an dem seit März 2012 mindestens 1.348 Menschen erkrankt und 479 gestorben sind, hat lange unter dem Fehlen eines Tiermodells gelitten. MERS ist zwar eine Zoonose. Das eigentliche Reservoir ist jedoch noch nicht sicher bekannt und Dromedare, die der wichtigste Überträger sind, kommen für tierexperimentelle Studien nicht infrage. Seit dem letzten Jahr gibt es ein Mäusemodell: Die Tiere werden mit einem modifizierten Adenovirus infiziert, das die Zellen der Tiere mit dem Gen für die Dipeptidyl-Peptidase-4 (DPP4) ausstattet, der Andockstelle des MERS-Coronavirus.
An diesen Tieren werden jetzt die ersten Impfstoffe getestet. Dazu gehört die Vakzine, die ein Team um Gerd Sutter von der Ludwig-Maximilians-Universität München zusammen mit Forschern aus Marburg und Rotterdam untersucht. Der Impfstoff besteht aus dem Modified-Vaccinia-Ankara-Virus (MVA), das als Träger für das Spike Glykoprotein dient. Dieses Protein gehört zu den Bausteinen des MERS-Coronavirus und eine Immunantwort gegen dieses Protein könnte Menschen vor MERS schützen. Laut den kürzlich im Journal of Virology (2015; doi: 10.1128/JVI.00614-15) publizierten Ergebnissen wurde im Mäusemodell die Bildung von neutralisierten Antikörpern erreicht, und eine Phase 1-Studie an Menschen ist derzeit in Planung.
Das Team um Barney Graham und Wing-Pui Kong vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases in Bethesda ist einen Schritt weiter. Ihr Impfstoff enthält neben einem Teil des Spike Glykoproteins auch die Gene des Erregers. Diese DNA-Impfstoffe sollen von den Zellen des Impflings aufgenommen werden, der dann die Proteine des Virus bildet.
Dadurch wird eine symptomfreie Infektion simuliert, die dann eine Immunantwort auslöst. Die US-Forscher haben ihren Impfstoff ebenfalls an Mäusen getestet, wo er eine breite Immun-Antwort auslöste. Die Antikörper waren laut dem Bericht in Nature Communications (2015; 6: 7712) gegen Strukturen innerhalb und außerhalb des Virus gerichtet, was nicht nur eine gute Schutzwirkung verspricht, sondern auch verhindern könnte, dass sich das MERS-CoV durch Mutationen dem Zugriff des Immunsystems entzieht.
Die US-Forscher haben den Impfstoff außerdem an Rhesusaffen getestet. Die höchsten Antikörpertiter wurden erzielt, wenn die Tiere zweimal mit einem DNA-Impfstoff und danach mit einem verkürzten Spike Glykoprotein geimpft wurden. Rhesusaffen erkrankten zwar nicht an MERS. Nach einer Infektion über die Atemwege kommt es aber zu einer Pneumonie, dessen Ausprägung durch die Dreinachimpfung abgeschwächt wurde. Auch die US-Forscher wollen die Sicherheit demnächst in klinischen Studien untersuchen. Ob der Impfstoff Menschen vor MERS schützen würde, lässt sich derzeit noch nicht absehen.
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