Dr. werden ist nicht schwer...
In der Schweiz ist alles besser als in Deutschland …
Solche oder Zitate ähnlichen Inhalts hört man bisweilen. Aber nicht nur von Schweizern, sondern auch von Deutschen oder anderen Ausländern, die in der Schweiz leben oder gelebt haben. Nun mag man ganz allgemein entgegnen, dass derartige Pauschalaussagen den Empfänger selten bereichern. Das schöne an Schwarzweißpostulaten ist jedoch, dass bereits ein stichhaltiges Beispiel genügt, diese zu widerlegen (was ein Grund dafür ist, dass wir im Examen bei Aussagen mit „immer“ und „nie“ meist folgenlos als Falschaussagen ankreuzen konnten).
Im Falle des im Titel getroffenen Vergleichs fällt es sehr einfach. Wer nun ans Tempolimit oder Fernsehprogramm denkt, ist jedoch schief gewickelt. Dazu habe ich eine vermutlich nicht mehrheitstaugliche Meinung, wozu auch? Es geht mehr ums Gesundheitssystem, konkreter um die zahnmedizinische Versorgung. Während diese in Deutschland von der Krankenkasse – sagen wir – weitgehend bedarfsdeckend getragen wird, ist diese der blinde Fleck des Schweizer Gesundheitssystems.
Die Mehrheit der Menschen verfügt über keine Zusatzversicherung für zahnmedizinische Versorgung. Diese kostet vielfach eine geringe dreistellige Prämie, übernimmt aber auch nur einen Anteil der Kosten (üblicherweise 50 bis 75 Prozent) bis zu einer gewissen Summe . Und das führt uns zum nächsten Problem: die Motivation der Krankenkassen, die Kosten im Zaum zu halten, sind im Vergleich zur Grundversicherung eher gering. Zwar argumentieren Vertreter der Zahnärztevereinigung, dass die Kosten für zahnmedizinische Versorgung im Gegensatz zur übrigen humanmedizinischen Versorgung nahezu konstant geblieben sind. Doch können sich die Zahnärzte in der Schweiz eine gewissen Preisstabilität auch leisten, haben sie ihre Tarife im Vergleich doch bisweilen unverhältnismäßig hoch angesetzt. Dies führt beinahe analog zum Konzentrationsgefälle (Tarifunterschiede) an einer semipermeablen Membran (Grenze) zum Ausgleichsstrom (Zahnarzttourismus: Es gibt Annoncen für organisierte Busfahrten bis Ungarn und weiter).
Wieso mich das beschäftigt? Einerseits, weil ich im Notfall immer wieder mit Patienten konfrontiert bin, die eigentlich einen Zahnarzt brauchen, aber aus pekuniären Erwägungen nur Schmerzmedikamente holen. Wer versucht, die Gesamtauswirkungen auszumalen, wird vermutlich auch zur Frage gelangen, ob es nicht vielleicht gescheiter wäre, die Zahnversicherung in die Grundversicherung aufzunehmen. Andererseits habe ich aktuell Bedarf an einer neuen Aufbissschiene und fragte entgegen meiner Gewohnheit vorsichtig an, was dies kosten würde. Nachdem man mir den mehr als vierfachen Preis dessen nannte, was ich für die letzte in Deutschland privat gezahlt hatte, verzichtete ich auf dieses Angebot.
Die Mitarbeiterin der Zahnarztpraxis riet mir, die Preise nicht mit Deutschland zu vergleichen.
Würde gerne soviel verdienen, dass er sich das Unterlassen derartiger Vergleiche bedenkenlos leisten könnte,
Euer Anton Pulmonalis.
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