Medizin

Industrie testet Arzneimittel in Billigländern

  • Donnerstag, 11. April 2013

London – Die Pharmaindustrie führt die klinische Prüfung neuer Medikamente zuneh­mend außerhalb von Europa und Nordamerika durch. Für die Arzneimittel­behörden wirft dies Fragen zur Qualität und Ethik in den Zulassungsstudien auf, wie zwei Dokumente der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA zeigen.

Im Jahr 2005 kamen noch 37 Prozent aller Patienten aus Zulassungsstudien aus Europa und 42,8 Prozent aus Nordamerika, wo seit 1977 (USA) und 1989 (Europa) strenge ethische und wissenschaftliche Regeln zur Durchführung von klinischen Studien bestehen, die als „Good Clinical Practice“ (GCP) bezeichnet werden. Im Jahr 2011 war der Anteil der europäischen Patienten auf 31,2 Prozent und der nordamerikanischen Patienten auf 31,5 Prozent gefallen.

Immer häufiger weichen die Hersteller in Länder aus, in denen die Kosten für die klinische Prüfung gering sind. So schnellte der Anteil der Patienten aus dem Nahen Osten, Asien und dem Pazifikraum von 2,0 auf 12,8 Prozent hoch. Fast 28 Prozent der Patienten kommen aus Afrika. Und in Europa werden immer öfter neue Mitgliedsländer der EU bevorzugt, deren Wirtschaftskraft niedrig ist.

Die Verlagerung in Billigländer wurde in den letzten Jahren immer wieder kritisiert. Den Herstellern wurde unterstellt, dass neben den niedrigen Lohnkosten auch geringere bürokratische Hürden ein Motiv sein könnten. Eine Umfrage der Bloomberg School of Public Health in Entwicklungsländern ergab, dass noch vor zehn Jahren 44 Prozent der Prüfvorhaben vorab kontrolliert wurden (Journal of Medical Ethics 2004; 30: 68-72).

Als eine Reaktion haben die US-amerikanische FDA und die EMA die Kontrollen verschärft. Die EMA hat nach eigenen Angaben zwischen 2006 und 2011 die Zahl der Besuche vervierfacht. Die Behörde hat im letzten Jahr ein „Reflection paper“ veröffentlicht, das sich mit den ethischen Problemen der Arznei­mittelprüfung beschäftigt und „konkrete Schritte“ zur besseren Kontrolle der GCP verspricht.

rme

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