Ärzteschaft

Infektiologen gegen kontrollierte Durchseuchung bestimmter Altersgruppen

  • Montag, 6. April 2020
/vladimirhodac, stock.adobe.com
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Stuttgart − Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) lehnt eine kontrollierte Durch­seuchung bestimmter Altersgruppen in der Corona-Pandemie ab. Es gebe „über­haupt keinen Präzedenzfall“ für das Funktionieren solch einer Strategie, warnte DGI-Präsident Bernd Salzberger heute.

Wenn das Virus breit in der Bevölkerung zirkuliere, müsse damit gerechnet werden, dass die Infektionen von Jüngeren auch auf andere Altersgruppen übertragen würden − „mit dramatischen Konsequenzen“.

Ein wirksamer Schutz der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen − wozu neben älteren Menschen jene mit schweren Grunderkrankungen gehören − sei mit dieser Strate­gie nicht zu gewährleisten, erklärte Salzberger.

Hintergrund sind Forderungen, die öffentlichen Beschränkungen zur Eindämmung der Corona-Epidemie möglichst rasch aufzuheben, damit wieder ein normales Sozial- und Wirtschaftsleben beginnen könne.

Dabei wurde auch eine kontrollierte Durchseuchung bestimmter Altersgruppen ins Spiel gebracht, um damit eine Herdenimmunität zu erzeugen, während für ältere Menschen die Restriktionen aufrecht erhalten werden sollen.

Als Begründung wurde die relativ niedrige Sterblichkeit von jüngeren Menschen durch die Lungenkrankheit COVID-19 genannt und zudem die rasche Erzeugung einer Herden­immunität als notwendige Voraussetzung für die Kontrolle der Epidemie angeführt.

Diese Strategie wäre nach Ansicht der DGI nicht nur für die Risikogruppen fatal. Auch wenn die Sterblichkeit bei älteren Menschen deutlich höher sei, wäre die Zahl der Todes­fälle bei ungebremster Ausbreitung unter jüngeren Menschen gewaltig.

„Wir müssten mit deutlich über 100.000 Toten allein bei den unter 60-Jährigen rechnen − das lässt sich aus den Daten, die uns zu dieser Infektion vorliegen, ableiten“, warnte DGI-Vorstandsmitglied Gerd Fätkenheuer.

Stattdessen unterstützt die Fachgesellschaft weiterhin eine Verlangsamung des Infekti­ons­geschehens, einen Ausbau der Testkapazitäten und die weiter strikte Isolation positiv getesteter Menschen.

Auch das Tragen eines selbstgefertigten Mundschutzes könne helfen, dass ein Infizierter die Viren nicht an andere weitergibt. „Mit steigenden Infektionszahlen kann das Tragen von Mund-Nasen-Schutz in der Bevölkerung also ein wichtiger Teil einer Gesamtstrategie sein“, sagte Salzberger.

afp

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