Medizin

Influenza: Adipositas und postpartale Phase erhöhen Komplikationsrisiko

  • Mittwoch, 28. August 2013
/dpa
pa/spl

Hamilton – Die Influenza kann sich als normale Erkältung manifestieren, sie kann aber auch einen tödlichen Verlauf nehmen. Kanadische Epidemiologen haben im Auftrag der  Weltgesundheitsorganisation (WHO) untersucht, welche Personen besonders gefährdet sind. Ihre Meta-Analyse im Britischen Ärzteblatt (BMJ 2013; 347: f5061) deckt bisher übersehene Risikofaktoren auf.

Die WHO, aber auch die nationalen Impfkommissionen, geben abgestufte Empfehlungen für die Grippe-Impfung. Eine hohe Priorität wird neben Angehörigen der Gesundheits­berufe (die als mögliche Überträger ihre Patienten nicht gefährden sollen) vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen und Abwehrschwächen eingeräumt. Diese sollen auch im Fall einer Pandemie als erste geimpft werden.

Die Empfehlungen basieren häufig auf Plausibilitätsüberlegungen. Ein Beleg durch wissenschaftliche Studien fehlt – was vielleicht erklärt, warum sich die Empfehlungen von WHO, Centers for Disease Control and Prevention und auch der Ständigen Impfkommission (STIKO) im Detail unterscheiden.

Das Team um Mark Loeb von der McMaster University in Hamilton hat jetzt in einer Meta-Analyse die Ergebnisse aus 239 Studien zusammengefasst, die teilweise bis zur Spanischen Grippe von 1918/19 zurückreichen. Trotz eines Datenmaterials von 610.782 Teilnehmern, bleibt die Evidenz vage.

So konnten allgemein anerkannte Risikofaktoren wie die Schwangerschaft und die ethnische Herkunft nicht als Risikofaktoren bestätigt werden. Für die Schwangerschaft konnten die Forscher nur eine erhöhte Rate von Hospitalisierungen aufzeigen, nicht aber ein erhöhtes Sterberisiko (wie dies vor allem nach Pandemien befürchtet wird).

Nach den Ergebnissen der Meta-Analyse erkranken Schwangere nicht häufiger an einer Pneumonie als anderen Menschen, sie mussten sogar seltener auf Intensivstationen behandelt werden. Insgesamt scheint das Risiko auf einen schweren Verlauf der Influenza mit der Dauer der Gestation zuzunehmen und im dritten Trimenon könnte laut Loeb das Risiko am höchsten sein.

In Pandemien steige die Mortalität um 22 Prozent. Entgegen derzeitiger Annahmen, die die Frauen in der postpartalen Phase nicht als übermäßig gefährdet einstufen, war das Sterberisiko in den ersten vier Wochen nach der Geburt um den Faktor 4,43 erhöht.

Auch beim Risikofaktor Alter weichen die Erkenntnisse von Loeb teilweise von den Einschätzungen der Gesundheitsbehörden ab. Diese betrachten Kinder und Jugendliche generell als gefährdet. Laut Loeb trifft dies aber nur für Säuglinge und Kleinkinder zu. Ältere Kinder und Jugendliche würden die Grippe sogar besser wegstecken als Erwachsene.

Übereinstimmung herrscht bei der Einschätzung, dass im Alter das Komplikationsrisiko ansteigt. Bestätigen ließ sich auch ein erhöhtes Risiko bei chronischen Erkrankungen einschließlich Immunsuppression, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Lungener­krankungen, neuromuskuläre Erkrankungen, neurologische Erkrankungen, chronische Nierenerkrankungen und Stoffwechselerkrankungen. Diese sind laut der Meta-Analyse mit einem erhöhten Sterberisiko an der Grippe oder genauer an ihren Komplikationen verbunden.

Ein bisher übersehener Risikofaktor könnte die Adipositas sein. Die Centers for Disease Control and Prevention betrachten nur einen BMI von über 40 als Risikofaktor. Laut Loeb steigt das Sterberisiko jedoch bereits ab einem BMI von 30 an. Die Ergebnisse hierzu waren aber zwischen den einzelnen Studien sehr unterschiedlich, so dass die Evidenz für diesen Risikofaktor derzeit niedrig ist.

rme

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