Influenza: Experten für Aufbau von europäischem Forschungsnetzwerk

London/Berlin – Angesichts möglicher zukünftiger Influenzapandemien fordert eine Wissenschaftlergruppe eine stärkere, gebündelte Forschung zu diesen Viren in Europa. Sie schlagen in einem Kommentar in der Fachzeit The Lancet Infectious Diseases die Schaffung eines europäischen Pendants zu der US-Institution Centers of Excellence for Influenza Research and Response (CEIRR) vor (DOI: 10.1016/S1473-3099(25)00068-4).
Angesichts des anhaltenden Risikos von Influenzapandemien, und insbesondere mit der aktuellen Situation der hochpathogenen Vogelgrippe H5N1 in USA, würde eine europäische Version der CEIRR die Reaktionsfähigkeit und -kapazität deutlich erhöhen, schreiben die Forschenden um den Influenzaexperten Florian Krammer (Medizinische Universität Wien/Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York).
Bisher seien die europäischen Fachleute auf dem Gebiet verstreut, die Forschungsaktivitäten fragmentiert und die Förderung von Konsortien sei oft auf wenige Jahre begrenzt, hält das Autorenteam fest. Aus Deutschland ist unter anderem der Vizepräsident des Friedrich-Loeffler-Instituts, Martin Beer, vertreten.
Der Aufbau eines europäischen Netzwerks von Influenza-Fachleuten zu fördern, wäre den Autoren zufolge auch deshalb geboten, weil die Forschung zu Infektionskrankheiten in den USA mit der neuen Regierung vor erheblichen Unsicherheit stehe. Das Netzwerk würde demnach mit Initiativen auf globaler Ebene zusammenwirken und Aktivitäten von beispielsweise der Weltgesundheitsorganisation (WHO), ECDC und weiteren Akteuren ergänzen.
Die WHO hat vergangene Woche beklagt, dass aus den USA bereits keine Daten für Influenza-Plattformen mehr übermittelt würden und die Kommunikation mit den Fachleuten aus den Centers for Disease Control and Prevention (CDC) abgerissen sei. Der neue Präsident Donald hatte den Austritt der USA aus der WHO angekündigt.
Als Schlüssel zum Verringern des Risikos für die menschliche Gesundheit durch Influenza beschreiben die Autoren bessere Eindämmung und Kontrolle im Tierreich, somit profitiere unter anderem die Tiergesundheit.
Von einem neuen Netzwerk verspricht sich die Gruppe zudem Chancen für die Ausbildung des Nachwuchses in der Influenzaforschung und für die Wettbewerbsfähigkeit Europas. „Dieser Schritt ist dringend und notwendig, um Europa und die Welt auf die nächste Grippepandemie vorzubereiten.“
In dem Beitrag wird daran erinnert, dass allein im vergangenen Jahrhundert vier Pandemien mit Millionen Todesfällen durch Influenzaviren ausgelöst worden seien. Besonderes Pandemiepotenzial sehen die Forschenden in Reassortanten, die durch Co-Infektion eines Wirts mit verschiedenen Influenzaviren entstehen können.
Die hochpathogene Vogelgrippe (H5N1) ist in den USA insbesondere seit dem vergangenen Frühjahr im Fokus, weil dort überraschenderweise und erstmals weltweit infizierte Milchkühe entdeckt wurden.
Seitdem sind Fälle bei Hunderten Herden nachgewiesen worden – und bei mehreren Dutzend Menschen, meist nach direktem Kontakt zu erkrankten Kühen. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind bisher jedoch nicht bekannt. Auch in dortigen Geflügel-Massentierhaltungen grassiert das Virus, Millionen von Tieren wurden gekeult.
Die Übertragung von Kuh zu Kuh sei sehr besorgniserregend, heißt es im Kommentar. Das Risiko einer Übertragung auf den Menschen wachse außerdem durch die engen Kontakte zwischen Rindern und Menschen sowie durch den Konsum nicht pasteurisierter Milchprodukte.
Die CEIRR mit ihren sechs wissenschaftlichen Zentren werden den Angaben zufolge vom US-Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) und den National Institutes of Health (NIH) gefördert und haben einen starken Fokus auf One Health.
Die Autorinnen und Autoren erklären, dass sie und ihre Labore potenzielle Nutznießer einer Förderung für europäische Influenzaforschung wären.
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