Intelligentes Insulin-Pflaster reguliert Blutzucker autonom

Chapel Hill – Ein Medikamentenpflaster von der Größe einer kleinen Münze, aber gespickt mit hundert kleinen Nadeln, könnte Diabetikern künftig die häufigen Blutzuckerkontrollen und die mehrmals täglichen Insulin-Injektionen ersparen. Die Erfinder stellen ihr „Smart insulin patch“ in den Proceedings of the National Academy of Sciences (2015; doi:10.1073/pnas.1505405112) vor.
Der Bioingenieur Zhen Gu von der University of North Carolina in Chapel Hill hat sich bei einem „Smart insulin patch“ von den Beta-Zellen des Pankreas inspirieren lassen. Diese lagern das Insulin in kleinen Vesikeln, um es bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel ans Blut abzugeben.

In den „Smart insulin patch“ ist das Insulin ebenfalls in kleinen Vesikeln gelagert. Auch der Aufbau der Membran ist ähnlich. In den Beta-Zellen besteht sie (wie bei den meisten Zellmembranen) aus einer Doppelschicht aus Phospholipiden. Diese Moleküle sind auf der einen Seite hydropil und auf der anderen lipophil. In wässrigen Lösungen bilden sie spontan eine Membran.
Die von Gu konstruierten Membranen bestehen aus Molekülen, die der Forscher künstlich aus Hyaluronsäure und 2-Nitroimidazol, zwei für den Menschen unbedenklichen Substanzen, zusammengesetzt hat. Die Membranen enthalten außerdem ein Enzym, das Glukose in Gluconsäure verwandelt. Diese Reaktion verbraucht Sauerstoff. Bei einem hohen Glukosespiegel kommt es lokal zu einem Sauerstoffmangel, der die künstlichen Membranen zerstört. Daraufhin wird das in den Vesikeln gelöste Insulin freigesetzt.
Ist der Blutzucker gesunken, wird kein weiteres Insulin aus den Vesikeln freigesetzt. Dies ergibt einen geschlossenen Regelkreis, den Gu in die Spitzen der Mikronadeln platziert hat. Sie dringen beim Aufkleben des Pflasters, für den Patienten fast unbemerkt, wie Gu versichert, in die Haut ein. Die Masse der Mikronadeln ersetzt im Prinzip die Beta-Zellen des exokrinen Pankreas.
Von einer klinischen Anwendung des „Smart insulin patch“ ist Gu noch weit entfernt. Die ersten Experimente hat der Forscher an einem Mausmodell des Typ 1-Diabetes durchgeführt. Eine Gruppe von Mäusen wurde konventionell mit Insulin-Injektionen behandelt. Der Blutzucker sinkt daraufhin, steigt nach einer gewissen Zeit jedoch wieder an. Nach dem Aufbringen des „Mikronadelfelds“ sanken die Blutzuckerspiegel nur langsam, sie blieben dann aber über mehrere Stunden konstant.
Welcher Blutzuckerwert eingestellt wird, hängt von der Konzentration der Enzyme ab, die auf einen Glukoseanstieg hin das Insulin aus den Vesikeln freisetzen. Ob das System flexibel genug ist, um auf die Blutzuckerspitzen nach den Mahlzeiten zu reagieren, danach aber einen zu starken Abfall des Blutzuckers zu vermeiden, dürfte zunächst in weiteren tierexperimentellen Studien zu klären sein.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: