Ärzteschaft

Interview: Patientensteuerung dringend verbessern

  • Dienstag, 18. Februar 2025
Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt (l.) und KBV-Vorstandsvorsitzender Andreas Gassen im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt. /Gebhardt

Berlin – Eine intelligente Patientensteuerung sei zwingend notwendig, um das Gesundheitswesen zukunftsfest zu machen. Dies erläutern der Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt und der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt. Dabei solle die freie Arztwahl erhalten bleiben.

Dennoch müsse man über entsprechende Anreize dafür sorgen, dass Patienten sich im Normalfall bei einem Hausarzt „einschreiben“. Denn aktuell „leisten wir uns als eines von ganz wenigen Ländern weltweit ein Gesundheitssystem, in dem maßgeblich diejenigen entscheiden, welche Ressourcen zur Behandlung eingesetzt werden, die im Hinblick auf diese Entscheidung am wenigsten Expertise haben: die Patientinnen und Patienten.“

Das habe im Jahr 2023 dazu geführt, dass mehr als zwölf Millionen ambulante Notfälle in deutschen Krankenhäusern behandelt würden, ergänzte Reinhardt.

Andreas Gassen unterstrich, dass gerade diejenigen das Gesundheitssystem belasten würden, die frei nach Belieben die Versorgung in Anspruch nähmen. Daher sei es eine sinnvolle Option, die 116117 besser verfügbar zu machen. Sie sollte allerdings mit einer Verbindlichkeit für den Patienten verbunden sein.

„Dort wird die richtige Versorgungsebene und Dringlichkeit medizinisch eingeschätzt und man bekommt eine Art Ticket dafür“, erläuterte Gassen. Diejenigen, die ohne Not und ohne dieses Ticket direkt in eine Krankenhausambulanz gingen, müssten dann auch sanktioniert werden, forderte der KBV-Vorsitzende.

Die Politik müsse künftig aber auch ehrlich sein. „Im Sozialgesetzbuch steht nichts davon, dass jede Leistung jederzeit für jeden nach eigener Einschätzung verfügbar ist“, sagte Gassen. Das sei auch nicht mehr finanzierbar. „Wir haben jetzt schon historisch hohe Krankenkassenbeiträge mit einer zudem noch schlechter werdenden Perspektive.“

Auch Reinhardt hält eine Stärkung der 116117 für dringend notwendig. „Man muss einfach sagen, es gibt zu viele Fälle in den Notfallambulanzen, die dort nicht hingehören“, sagte er.

Zudem müsse man aber auch, angesichts der im internationalen Vergleich sehr hohen Anzahl von Arzt-Patientenkontakten in Deutschland, Menschen mithilfe von mehrsprachigen Aufklärungs- und Informationsangeboten ein besseres Verständnis für die richtige Nutzung unseres Gesundheitssystems vermitteln.

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