Israelische Krankenhäuser verlagern Behandlungen unter die Erde

Tel Aviv – Nach dem Angriff Israels auf Atomanlagen im Iran und dem drohenden Vergeltungsschlag des Irans hat das israelische Gesundheitsministerium die Krankenhäuser des Landes aufgefordert, ihre Behandlungen in unterirdische Standorte und geschützte Bereiche zu verlegen.
Die Bevölkerung sei aufgerufen, bei aufschiebbaren Behandlungen nicht in die Kliniken zu gehen, berichtete die Times of Israel. Die Kliniken hätten alle nicht dringend erforderlichen Behandlungen und Operationen abgesagt, während das Land nach dem Angriff auf den Iran auf den Gegenschlag warte.
Ein Sprecher des Beilinson-Krankenhauses bei Tel Aviv teilte mit, das Krankenhaus sei im Notfallmodus. Alle für den Betrieb notwendigen Stationen und Operationen seien in einen geschützten Bereich verlegt worden.
In der Nacht hätten mehr als 200 Kampfflugzeuge mehr als 100 Ziele angegriffen, sagte Israels Militärsprecher Effie Defrin. Getroffen wurden am frühen Morgen Ziele in den Millionenstädten Teheran, Tabris und Schiras sowie die unterirdische Atomanlage Natans, wie iranische Medien berichteten. Allein in Teheran seien mindestens 18 verschiedene Orte angegriffen worden.
Israel will mit den Attacken verhindern, dass der Iran eine Atombombe bauen kann. Das Land hat seinen massiven Angriff auf den Iran damit begründet, dass sich die Islamische Republik bei ihrem Atomprogramm einem „unumkehrbaren Punkt“ genähert habe.
In den vergangenen Monaten gesammelte Geheimdienstinformationen hätten Beweise dafür geliefert, dass Teheran inzwischen „Uran auf militärisches Niveau anreichern“ und „innerhalb kurzer Zeit eine Atomwaffe“ bauen könne. Angegriffen wurde unter anderem die wichtige Atomanlage Natans.
Die schwer gesicherte Atomfabrik Natans rund 250 Kilometer südlich von Teheran ist die bekannteste iranische Atomanlage, ihre Existenz wurde 2002 enthüllt. Sie besteht aus einer oberirdischen und einer unterirdischen Anlage zur Urananreicherung mit fast 70 Kaskaden, in denen Zentrifugen hintereinandergeschaltet sind. Insgesamt gibt es mehr als 10.000 Einzelzentrifugen.
Der Chef der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA), Rafael Grossi, bestätigte, dass die Anlage beschädigt wurde. Nach Angaben der israelischen Armee wurde unter anderem eine „mehrstöckige Anreicherungshalle mit Zentrifugen, Elektroräumen und anderer Infrastruktur“ getroffen. Der Iran hatte mitgeteilt, dass es keine radioaktiven Austritte gebe. Auch nach Angaben der IAEA sollen bislang keine erhöhten Strahlenwerte festgestellt worden sein.
Die Ärzteorganisation IPPNW betonte heute, es sei zu erwarten, dass angereichertes und abgereichertes Uran sowie Uranhexaflourid Teil des Fallouts seien. Das Eindringen von Fluor in die Atmosphäre führe zur Bildung von Fluorwasserstoffsäure, einer sehr stark ätzenden Substanz, die eine Gefahr für Mensch und Umwelt darstelle.
Seit Jahren unterhält der Iran ein Atomprogramm mit zwei Anlagen zur Urananreicherung und einem Kernkraftwerk in der Hafenstadt Buschehr. Das Land betreibt außerdem einen Forschungsreaktor nahe der Hauptstadt Teheran sowie weitere Anlagen in der Metropole Isfahan im Zentrum des Landes. In Arak im Westen betreibt der Iran zudem einen Schwerwasserreaktor. Der Westen wirft dem Staat vor, nach Atomwaffen zu streben. Teheran dementiert das.
Laut iranischen Angaben wurden bei den Angriffen nicht nur führende Köpfe des Militärs getötet. Iranischen Berichten zufolge wurden auch mindestens sechs führende Wissenschaftler und Professoren aus den Bereichen Nuklear und Physik getötet. Die Forscher kamen bei nächtlichen Angriffen auf ihre Wohnungen in Teheran ums Leben.
Die Islamische Republik wertete die Welle von Luftattacken als Kriegserklärung und versuchte ihrerseits, Israel mit 100 Drohnen zu attackieren, die aber laut israelischen Medien alle abgeschossen wurden.
US-Präsident Donald Trump lobte den Angriff. Er sei „ausgezeichnet“ verlaufen, sagte Trump laut ABC News. Der Iran sei hart getroffen worden. „Und es wird noch mehr kommen. Sehr viel mehr.“ Auf die Frage, ob die USA in irgendeiner Weise an dem Angriff beteiligt waren, antwortete Trump dem Sender zufolge: „Dazu möchte ich mich nicht äußern.“
Der Angriff löst Befürchtungen aus, dass sich die Spannungen zwischen den beiden hochgerüsteten Ländern zu einem umfassenden Krieg in der Region ausweiten könnten. Mehrere Länder und UN-Chef António Guterres riefen die Parteien zu Zurückhaltung und einem sofortigen Abbau der Spannungen auf.
„Der gewaltsame Konflikt zwischen den beiden Staaten könnte in eine Eskalationsspirale münden, die die Gefahr eines Einsatzes von Atomwaffen birgt“, schreibt die Ärzteorganisation IPPNW. Sie bezeichnete es als ein seit langem offenes Geheimnis, dass Israel im Besitz von Atomwaffen sei. Man appelliere an die Bundesregierung, sich sowohl auf Seiten von Israel als auch dem Iran für ein Ende der Militärschläge einzusetzen.
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