Kabinett billigt Gesetzentwurf zur Beschneidung von Jungen
Berlin – Die Bundesregierung hat heute das Gesetz zur Beschneidung von Jungen auf den Weg gebracht. Die Neuregelung sei „ein wichtiges Signal, um die entstandene Verunsicherung zu beseitigen“, erklärte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Jüdische und islamische Verbände begrüßten das Gesetz, mit dem der Eingriff unter bestimmten Umständen erlaubt werden soll, Kritik kam von der Deutschen Kinderhilfe.
Die Beschneidungen müssen dem Gesetzentwurf zufolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen, zudem muss das Kindeswohl berücksichtigt werden. Die Eltern müssen auf die Risiken des Eingriffs hingewiesen werden. In den ersten sechs Lebensmonaten dürfen Säuglinge auch von religiösen Beschneidern beschnitten werden, die zwar keine Ärzte, aber dafür besonders ausgebildet sind.
Leutheusser-Schnarrenberger betonte in Berlin, dem Gesundheitsschutz des Kindes werde durch die Bindung an die Regeln der ärztlichen Kunst, die Schmerzbehandlung und das Erfordernis umfassender Aufklärung Rechnung getragen. „Die Regelung zwingt die Gerichte nicht zu einer Erforschung religiös motivierter Beschneidung“, fügte die Ministerin hinzu.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, lobte den Gesetzentwurf als „sehr gelungen und geglückt“. Die Politik in Deutschland habe zügig, verantwortungsbewusst und sensibel gehandelt. „In diesem Fall haben unsere Politiker viel Lob und Respekt verdient.“ Zur geplanten Qualifizierung von Beschneidern sagte er: „Wir müssen überlegen, wie wir eine solche Zertifizierung vornehmen.“ Dabei gehe es um die Frage der Schmerzlinderung und der Schmerzbehandlung. Das habe es bisher nicht gegeben.
Die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs nannte den Entwurf „im Großen und Ganzen durchdacht und wohlwollend formuliert“. Es schaffe für Millionen Betroffene die ersehnte Rechtssicherheit, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Verbands, Mustafa Yenerolu. Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration hob hervor, dass sich Deutschland mit dem Gesetz „in die international geltende Rechtslage einreiht“.
Die Deutsche Kinderhilfe kritisierte den Gesetzentwurf hingegen als „aktionistischen Schnellschuss“. Während die Ohrfeige verboten sei, solle nun ein „irreversibler, mit den Risiken von erheblichen Nebenwirkungen verbundener und ausgesprochen schmerzhafter Eingriff egal aus welchen Gründen erlaubt werden“, erklärte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann.
Regierungssprecher Steffen Seibert verwies darauf, dass sich der Gesetzentwurf ausdrücklich auf die Beschneidung von Jungen beschränke. „Die Genitalverstümmelung von Mädchen bleibt in Deutschland verboten, so war es vorher, so ist es auch nach diesem Gesetzentwurf“, betonte er.
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