Politik

Kabinett erlaubt Zwangsmedikation für psychisch kranke Straftäter

  • Dienstag, 4. März 2014

Helmstedt – Psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug sollen in Niedersachsen wieder mit Medikamenten ruhig gestellt werden dürfen. Das hat heute das nieder­sächsische Landeskabinett beschlossen. „Das generelle Verbot einer Zwangsmedikation hat seit 2011 in Einzelfällen zu einer großen Belastung sowohl des Personals als auch der Patienten geführt, denn in bestimmten Situationen blieb als einzige Möglichkeit zur Beruhigung der Lage nur noch die Fixierung“, sagte Sozialministerin Cornelia Rundt (SPD). Landesweit gibt es derzeit 1.300 psychisch kranke Straftäter im Maßregelvollzug.

Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 entschieden, dass die Gesetzeslage zur Zwangsbehandlung in den meisten Bundesländern nicht mit dem „Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit“ vereinbar sei. In der Folge waren die Bundesländer aufge­rufen, ihre Gesetze zur Behandlung von psychisch Kranken im Maßregelvollzug zu überarbeiten.

Nach der Gesetzesnovelle soll es in Niedersachsen wieder möglich sein, nach strengen Vorgaben und unter Einbeziehung von Sachverständigen eine Zwangsmedikation vorzunehmen, betonte Rundt.

Eine Zwangsbehandlung sei aber nur im Notfall, also bei akuter Eigen- oder Fremdgefährdung erlaubt. Die Gesetzesänderung muss noch vom Landtag bestätigt werden. Rundt erklärte, das Ziel der Zwangsbehandlung müsse immer die Wiederherstellung der Selbstbestimmung des Patienten sein.

Bei zehn bis 20 Patienten pro Jahr sei laut Sozialministerium eine fortwährende Zwangsmedikation angebracht, in rund 20 Fällen pro Jahr seien Medikamente zur kurzfristigen Ruhigstellung notwendig.

Der Maßregelvollzug ist für psychisch kranke und suchtkranke Straftäter geschaffen worden, die als schuldunfähig oder vermindert schuldfähig eingestuft worden sind. Um die Allgemeinheit vor ihnen zu schützen und um die Straftäter therapieren zu können, werden sie in Maßregelvollzugskliniken oder forensischen Kliniken untergebracht.

Betroffene sind in Niedersachsen in Landeskrankenhäusern untergebracht. Der Maßregelvollzug gilt als hoheitliche Aufgabe des Landes unter Zuständigkeit des Sozialministeriums.

Neben psychisch kranken Menschen werden im Maßregelvollzug auch Sexualstraftäter und Drogenkranke behandelt. Im Gegensatz zu Freiheitsstrafen ist die Unterbringung im Maßregelvollzug nicht zeitlich begrenzt. Lockerungen werden nicht automatisch gewährt, sondern hängen ausschließlich vom Therapieerfolg ab. Mit einer Entlassung können die Betroffenen erst rechnen, wenn Gutachter die Patienten als ungefährlich eingestuft haben.

dpa

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