Ärzteschaft

Kaum Evidenz zum Nutzen oder Schaden von nicht medikamentösen Verfahren zur Geburtseinleitung

  • Dienstag, 10. Juni 2025
/Vedrana, stock.adobe.com
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Köln – Die Studienlage reicht nicht aus, um den Nutzen oder Schaden von nicht medikamentösen Verfahren wie Rizinusöl oder Akupunktur zur Geburtseinleitung zu beurteilen. Zugleich stehen gut untersuchte medikamentöse Verfahren zur Geburtseinleitung zur Verfügung.

Zu diesem Fazit gelangt ein interdisziplinäres Team unter der Federführung mehrerer Institute der Medizinischen Fakultät und der Uniklinik Köln im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Die Nutzenbewertung erfolgte im Rahmen des Themen-Checks Medizin und geht auf eine Bürgerfrage zurück. 

Im Jahr 2021 wurden 21 Prozent der Geburten in Deutschland eingeleitet. Mögliche Gründe dafür sind ein vorzeitiger Blasensprung, ein überfälliger Geburtstermin oder eine Präeklampsie. Droht Gefahr für Mutter oder Kind, kommen meist medikamentöse Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit zum Einsatz.

Bei erwartungsgemäß komplikationslosen Verläufen ohne Gesundheitsrisiko empfehlen manche Ärztinnen und Ärzte auch nicht medikamentöse Verfahren oder Schwangere setzen diese auf eigenen Wunsch ein.

Zu den sieben gängigsten nicht medikamentösen Verfahren zur Geburtseinleitung gehören Rizinusöl, Nelken- und Nachtkerzenöl, Akupunktur, Akupressur, Mamillenstimulation sowie die Empfehlung zu Geschlechtsverkehr.

Die Arbeitsgruppe fokussierte sich auf Einlingsschwangerschaften ab der 37. Schwangerschaftswoche. Ein Nutzen der Verfahren läge laut dem Team vor, wenn sie nachweislich die Zahl notwendiger Kaiserschnitte oder die Häufigkeit und Schwere von Geburtsverletzungen senken. Auch eine spürbare Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität würde als Nutzen gelten.

Ergänzend zu den patientenrelevanten Endpunkten haben die Wissenschaftler in ihrem Bericht auch die Endpunkte Gabe von Schmerzmitteln und zeitlicher Rahmen der Geburt dargestellt. 

Das Autorenteam identifizierte zwölf Studien zu sieben gängigen nicht medikamentösen Verfahren zur Geburtseinleitung. Lediglich eine Studie untersuchte den Vergleich eines nicht medikamentösen Verfahrens zur Geburtseinleitung (Mamillenstimulation) mit einem medikamentösen Verfahren (Oxytocin-Dauerinfusion). In den anderen elf Studien erhielten die Teilnehmerinnen der Vergleichsgruppe ein Placebo, eine Scheinbehandlung oder keine Behandlung.

Die Studienergebnisse zeigen keine gesundheitlichen Vor- oder Nachteile von Akupressur, Akupunktur und Empfehlung zu Geschlechtsverkehr gegenüber einer Scheinbehandlung, keiner Behandlung oder keiner Empfehlung.

Möglich ist, dass Frauen, die in der Vergangenheit bereits Kinder geboren haben und zur Einleitung der aktuellen Geburt ihre Brustwarzen stimulieren, nach der Geburt weniger Blut verlieren als Frauen, die ihre Brustwarzen nicht stimulieren.

Zudem deuten die Studienergebnisse an, dass die Einnahme von Rizinusöl sowie die Stimulation der Brustwarzen die Zeit bis zum Eintritt der Wehen oder zur Geburt verkürzen können. Ob dies aber einen Nutzen für die Frau beziehungsweise das Kind mit sich bringt oder gar schädlich ist, bleibt laut der Arbeitsgruppe offen.

„Die Studienlage zu nicht medikamentösen Verfahren zur Geburtseinleitung ist unzureichend“, lautet ein Fazit der Wissenschaftler.

hil

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