Ärzteschaft

KBV: Das Schlechtreden des Arztberufes muss aufhören

  • Donnerstag, 28. Oktober 2010
Andreas Köhler /Lopata
Andreas Köhler /Lopata

Berlin – „Bis 2020 müssen allein im ambulanten Bereich 52.000 Ärzte ersetzt werden. Zwar werden in Zukunft infolge der demografischen Ent­wicklung weniger Menschen behandelt werden müssen, diese aber aufgrund ihres zunehmenden Alters immer intensiver.

Wenn wir nichts unternehmen, wird der Ärztemangel in Deutschland gravierend werden, mit den ent­sprechenden Folgen für die medizinische Versorgung der Bevölkerung“, betonte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, und eröffnete damit die Veranstaltung KBV kontrovers, die heute in Berlin zu dem Thema „Deutschland: Wo sind deine Ärzte?“ stattfand.

Leider werde zu wenig darüber diskutiert, dass in Zukunft die zur Verfügung stehende Arbeitszeit abnehmen werde. „Das liegt, und ich bitte, das nicht als chauvinistisch zu werten, an dem steigenden Anteil von Frauen in der Versorgung“, sagte Köhler.

Die Bundesagentur für Arbeit habe errechnet, dass Frauen lediglich 72 Prozent der Arbeitszeit der Männer leisteten. Auch diese Zeit müsse entweder durch mehr Ärzte oder durch den Ersatz ärztlicher Arbeit durch entsprechend qualifizierte Gesundheitsberufe kompensiert werden.

Der AOK-Aufsichtsratsvorsitzende Fritz Schösser erklärte, Deutschland brauche insgesamt nicht mehr Ärzte. „Wir haben nicht zu wenige Ärzte, sondern zu viele an den falschen Stellen“, sagte Schösser. Die Frage sei nun, wie man es schaffen könne, Ärzte vom Umzug in unterversorgte Regionen zu überzeugen. Bei Neuzulassungen von Ärzten müsse man beispielsweise ein anderes strukturelles Verfahren als heute wählen können.

Um die Probleme in unterversorgten Gebieten zu lösen, schlug Köhler einen Regionalverbund, bestehend aus Kassenärztlicher Vereinigung, Landesärztekammer, Landeskrankenhausgesellschaft und zuständiger Landesbehörde, vor.

Das Gremium könne die Situation in den Regionen beurteilen und – unter Wahrung des Sicherstellungsauftrags - verpflichtende Vorgaben für die ambulante und stationäre Versorgung vornehmen soll. In unterversorgten Regionen sollten die Kassenärztlichen Vereinigungen dann Filialpraxen einrichten und Ärzte anstellen können.

In diesen Praxen könne dann eine besonders qualifizierte nicht ärztliche Mitarbeiterin ein erster Ansprechpartner für die Patienten sein und delegierbare Leistungen übernehmen. Wenn sich für eine Praxis kein junger Arzt mehr finde, müsse die KBV die Möglichkeit erhalten, Praxen aufzukaufen und stillzulegen, forderte Köhler.

Auch KBV-Vorstand Carl-Heinz Müller wies darauf hin, dass es künftig einen erhöhten Ersatzbedarf an Ärzten geben werde. Heute orientiere sich die Medizin an Leitlinien, erfordere mehr kollegialen Austausch, mehr Dokumentation, auch zur forensischen Absicherung, sagte Müller. Zudem gebe es zunehmend neue Fachrichtungen mit einer entsprechenden Besetzung in den Praxen. Auch Köhler erklärte, dass die Zahl der Ärzte zwar insgesamt steige. „Doch wir wachsen am falschen Ende, nämlich bei den Spezialisten.“

Einig waren sich die Diskutanten, dass das Schlechtreden des Arztberufes beendet werden müsse. „Unsere Krux ist, dass wir als Organisation doch sagen müssen, dass wir andere Rahmenbedingungen brauchen. Die Kassen machen das Gleiche. Das kriegen auch die Studenten mit und machen sich ihr eigenes Bild“, sagte Köhler.

Und auch Helga Trautmann, angestellte Ärztin aus Thüringen, befand: „Wir müssen mehr Freude ausstrahlen. Wir Alten dürfen nicht so viel stöhnen, das hören doch die Jungen und dann wollen sie nicht in die hausärztliche Grundversorgung.“ Und auch das Schlechtreden in den Medien müsse aufhören. Denn: „Ohne Arzt geht es schließlich nicht.“

fos

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